: Unterm Strich
Oh Theater, du experimentellste aller experimentellen Kunstformen — wie du doch immer wieder attraktiv, ja zuschauerziehend zu sein verstehst, indem du mit leichter Hand Hehres mit Alltäglichem zu aussagekräftigen und durchaus zeitgenössischen Formen verquickst! Am Darmstädter Theater beispielsweise, so meldet ein gefaxter Wisch aus dem Hause MCA Music Entertainment, hat die Theaterregisseurin Ingrid Anderson in ihre Inszenierung von Schillers „Räubern“ Verse des Rap-Duos „Rödelheim Hartreim- Projekt“ hineinintegriert. Stücker fünf der Hartreim- Songs werden jetzt die Zuschauer im Theatersaal sozial aufrütteln, denn „mit seiner Musik reflektiert das Rödelheim Hartreim-Projekt die Emotionen und Konflikte des Stücks auf überzeugende Weise“, so die Regisseurin. Premiere ist am 12.11.
Und noch mal Theater: Den diesjährigen Gerhart- Hauptmann-Preis erhält der hard rhymin' manOliver Bukowski, und zwar für das Stück mit dem schönen Namen „Londn — L.Ä. — Lübbenau“. Im Jackpot: 10.000 Mark. Und ein wenig Konjunktur: Nach der Uraufführung am Staatstheater in Bukowskis Heimatstadt Cottbus sollen Aufführungen in Börlin, Göttingen, Magdebörg und Treer folgen.
Französische Regierung, auch du stinkst: Der französische Innenminister Charles Pasqua hat sich wegen „erheblicher Sicherheitsbedenken“ gegen eine Rundreise der von islamischen Extremisten bedrohten Taslima Nasrin ausgesprochen. Er sei zwar nicht ausdrücklich gegen einen Besuch der momentan im schwedischen Exil lebenden Autorin, so Balladur in einem Interview für die Samstagsausgabe von Le Monde, doch halte er eine Lese- und Signiertour für nicht wünschenswert: „Das Risiko terroristischer Anschläge gibt es in Frankreich.“ Schon vor kurzem hatte Taslima Nasrin einen Besuch in Frankreich abgesagt, weil ihr — ähnlich wie bei dem geplanten Besuch der Frankfurter Buchmesse — nur ein 24-Stunden-Visum gewährt werden sollte. Pasqua delegiert die Verantwortung an Premierminister Balladur: Er habe damals die Entscheidung getroffen, und wenn er nun die Rundreise von Nasrin befürworte, sei es ihm auch recht; dann müßten die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen eben getroffen werden.
Wegen Erkältung und anderer Imponderabilien innerhalb des Redaktionsalltags finden Sie auf diesen Seiten kein Originalstück zum Auftakt der Bryan- Ferry-Tour, aber zum wenigsten einen Eindruck aus dem dpa-Review der hart reimenden Kollegin Nicole Booß: Ferry, „Edelrocker“ und „Held der englischen Arbeiterklasse“, knüpfte mühelos an „traditionelle erotische Klänge an“; mit allerhand Show entführte er die Fans in „eine Welt voller lasziver Rhythmen“. Kurz vor Schluß dann der Exzeß: „Gigantische Soli der exzellent spielenden Band forderten die Fans zu Beifallsstürmen heraus.“
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