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Wenn Henning richtig böse wird

■ Bürgermeister beschimpft SPD-Chef wegen dessen Transrapid-Vorstoß / Bürgerschaft verstrickt sich in Stahlfilz Von Florian Marten

“Um es klar zu sagen: Im Landesvorstand denkt niemand, fordert niemand und wünscht niemand, daß Bürgermeister Henning Voscherau zurücktreten sollte.“ Mit diesem seltsamen Dementi wandte sich gestern die Parteizentrale der SPD an die Hamburger Öffentlichkeit. Anlaß: Details eines ungewöhnlich heftigen Streits zwischen Bürgermeister Henning Voscherau und Parteichef Jörg Kuhbier waren an die Öffentlichkeit gedrungen.

„Das kommt nicht noch einmal vor!“ Erregt und mit erhobenem Zeigefinger hatte Voscherau tags zuvor Kuhbier in der Senatorenvorbesprechung vor der versammelten Regierungselite in Sachen Transrapid zur Rede gestellt. Kuhbier hatte, wie berichtet, in einem Brief an die SPD-Ministerpräsidenten der Länder für die Ablehnung des Transrapid-Planungsgesetzes geworben. Dieser Vorgang ist aus Sicht Voscheraus eine absolute Ungeheuerlichkeit, „ein Affront“, wie es eine Voscherau-Vertraute der taz erläuterte. Kuhbier kofferte zurück: Es sei das gute Recht eines SPD-Landesvorsitzenden, auf die Beschlußlage der Hamburger SPD hinzuweisen.

Der Knall zwischen den beiden Juristen währte zwar nur zehn Minuten, war aber derart heftig, „daß Mitarbeiter“, so ein Augenzeuge, „betreten auf ihre Fingernägel schauten“. Die Explosion zwischen Regierungs- und Parteichef ist nur äußeres Zeichen einer bis zum Zerreißen gespannten Stimmung innerhalb der SPD. Die SPD-Linke fühlt sich durch jedes neue Wahldebakel in ihrer Kritik am Rechtskurs des Stadtchefs bestätigt und hält damit auch gar nicht mehr hinter dem Berg. Umgekehrt wächst die Nervosität Voscheraus: Ohne sichere Mehrheit in der eigenen Partei, herausgefordert durch den ihm wesensfremden Überzeugungstäter Kuhbier, genervt durch Wählerunmut und gedemütigt durch das Willy-Brandt-Allee-Debakel riecht er Verrat in den eigenen Reihen.

Auf die Seelenlage von Partei und Regierung drückt aber auch „der Intrigendschungel um das sozialdemokratische Gesamtkunstwerk des Stahlfilzes“, so GALierin Krista Sager in der Bürgerschaft, die sich gestern auf Antrag der CDU die unendliche Geschichte um die Hamburger Stahlwerke (HSW) erneut vorgenommen hatte. Aufmerksam, aber sichtbar gelassen verfolgte Voscherau von der Regierungsbank aus den Parlamentsdisput um die HSW und die Verstrickungen seines Ex-Freundes und EX-HSW-Chefs Gerd Weiland. Gewohnt brav forderte CDU-Fraktionschef Ole von Beust „endlich Aufklärung in der Sache“, gewohnt betulich bat Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus um Hilfe bei den „in hohem Maß gefährdeten HSW-Verkaufsverhandlungen“. Gewohnt engagiert verteidigte SPD-Fraktionschef Günter Elste seinen Wandsbeker Genossen Weiland, dem er in Sachen HSW-Führung seit 1982 „eine herausragende Leistung“ bescheinigte, eine Leistung, die sich Weiland, so Elste, freilich „gut hat bezahlen lassen“.

Auch die ungewöhnlich scharfen Attacken von Krista Sager, die Voscherau persönliche Verstrickung in die Stahlaffäre vorwarf und in dem Hinweis gipfelte: „Sie tragen die persönliche Verantwortung für die Arbeitsplätze“, konnte dem Bürgermeister nicht mehr als ein kleines Kopfschütteln entlocken. Nein, auch wenn Voscherau anschließend die Debatte um die gescheiterte Willy-Brandt-Allee in Alsterdorf floh: Das Problem des Regierungschefs ist gegenwärtig nicht die Opposition, sondern die eigene Partei. Ob er also nicht doch, wie von interessierter Seite behauptet, bald zurücktritt? Ein enger Voscherau-Vertrauter: „Nein, ich glaube nicht. Aber garantieren kann ich Ihnen das nicht.“

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