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■ Bislang illegales Kirchenradio erhält eine Frequenz„Der Äther gehört dem lieben Gott!“

Breitenberg (taz) – Mit selbstgebauten Minisendern übertrug Pfarrer Johan van den Brule aus Breitenberg im Eichsfeld elf Jahre lang illegal Gottesdienste, Trauungen und Gebetsstunden aus der Kirche „Mariä Verkündigung“ in die örtlichen Haushalte. Nun hat es mit der Schwarzfunkerei ein Ende. Auf der UKW-Frequenz 98,4 darf der „Pfarrfunk Breitenberg“ als erstes lokales Kirchenradio Gottes Wort verkünden.

Möglich wurde die Wende durch die Änderung des niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes im vergangenen Jahr. Des Pfarrers findiger Kirchenvorsteher Georg Borchard hatte damals bei der neu gegründeten Landesmedienanstalt in Hannover eine Lizenz beantragt, die nach einigem Hin und Her schließlich erteilt wurde. Bis zu zwei Stunden täglich dürfen kirchliche Veranstaltungen im Bereich der Gemeinde übertragen werden. Schon seit 1983 können die Breitenberger Christen Gottes Wort auch in ihren Wohnzimmern vernehmen. Bislang hatten Staatsanwälte und Postfahnder die Sendungen des mit einer Autobatterie betriebenen Radios allerdings als einen klaren Verstoß gegen das Fernmeldenanlagengesetz gewertet. „Der Äther gehört nicht der Bundespost, sondern Gott“, setzte Pfarrer van den Brule, der vor 50 Jahren als niederländischer Kolonialsoldat in Indonesien das Fernmeldehandwerk erlernte, dagegen. Der Sender sei ein Service für die alten und kranken und gebrechlichen Mitglieder seiner Gemeinde. „Gott kann nichts Verwerfliches daran finden, wenn ich seine frohe Botschaft auch mit den Mitteln unserer Zeit verkünde“.

Die Behörden ließen sich von diesen Argumenten wenig beeindrucken. Von Peilwagen unterstützt, durchsuchte die Polizei die Breitenberger Kirche insgesamt sechsmal. Etliche Senderattrappen, als Köder oft nur nachlässig hinter dem Altar oder im Gebälk des Gotteshauses versteckt, wurden dabei beschlagnahmt. Und während der Gottesfunker, um die Durchsuchungstruppe zu foppen, aus Spielzeugautos ausgebaute Fernsteuerungen wie Ostereier in seinem Haus auslegte, setzten heimliche Helfer aus der Kirchengemeinde das Radio immer wieder von neuem in Betrieb. Der richtige Sender, pflegte van den Brule in jenen wilden Zeiten zu erklären, sei „so gut versteckt, daß man die Kirche Stein für Stein abtragen muß, um ihn zu entdecken“.

Mehrfach mußte sich der sendungsbewußte Geistliche wegen seiner Schwarzfunkerei vor Gericht verantworten. Vorübergehend stoppen konnte den Niederländer, der die Titulierung „Don Camillo aus dem Eichsfeld“ für durchaus zutreffend hält, erst ein 1988 verfügtes Sendeverbot des Hildesheimer Bischofs Josef Homeyer. Schweren Herzens und „mit wirklich schlechtem Gewissen gegenüber den Alten und Schwachen in meiner Gemeinde“ gehorchte van den Brule seinem Dienstherrn. „Mit Ausnahme des einen oder anderen Weihnachtsgottesdienstes“, beteuerte der Pfarrer. Die Übertragung der kirchlichen Veranstaltungen gingen aber trotzdem weiter – per Fernsteuerung. Wer sie in Gang setzte, davon hatte Johan van den Brule angeblich keine Ahnung.

Erst die permante Gesetzesübertretung, mutmaßt Georg Borchard, habe Fakten geschaffen und „dazu geführt, daß am Ende etwas Gutes herausgekommen ist“. Daß er die Landesmedienanstalt überhaupt um eine Frequenz gebeten hat, will der Kirchenvorsteher keinesfalls als Kuschen vor den Behörden verstanden wissen. Im Gegenteil, der Kampf um das Kirchenradio sei „in der Praxis längst gewonnen“ gewesen. „Notfalls“, so Borchard, „hätten wir auch ohne Lizenz bis ins biblische Alter weitergesendet.“ Reimar Paul

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