■ Das Portrait: Fritz Hertle
Neuer Fraktionschef der Grünen in Hessen Foto: Stefan Husch/Terz
Der neue Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im hessischen Landtag heißt seit Dienstag letzter Woche Fritz Hertle. Schon einmal, 1991, als sich eine rot- grüne Koalition zum zweiten Mal in Hessen etablierte, sollte der 50jährige Lehrer einen verantwortungsvollen Posten übernehmen.
Damals war Hertle, der sich in den harten Zeiten der CDU/FDP-Landesregierung unter Ministerpräsident Walter Wallmann konsequent und erfolgreich gegen die von der Union angestrebte Ausgrenzung behinderter Kinder aus der Regelschule wandte, als Kultusminister im Gespräch. Doch nachdem Joschka Fischer zum Umweltminister gekürt worden war, mußte der zweite grüne Ministerposten – streng quotiert – mit einer Frau besetzt werden. Iris Blaul wurde Ministerin für Frauen und Gesundheit.
Doch das Quotenopfer Fritz Hertle gab nicht auf. Trotz der Dominanz Fischers innerhalb der Grünen-Fraktion nahm er eine exponierte Stellung ein. Und das lag nicht nur an der Geduld und Zähigkeit, mit der er im Landtag seine Spezialthemen – Kulturpolitik, Rundfunk- und Fernsehpolitik, Rechtsradikalismus – präsentierte. Auch in seinem Wahlkreis Fulda setzte sich Hertle immer wieder konsequent für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein: Er hielt öffentlich und oft einsam dagegen, wenn die „Speerspitze des deutschen Episkopates“, der erzkonservative Erzbischof Johannes Dyba, wieder einmal gegen Homosexuelle und Frauen hetzte. Außerdem prangerte er als konsequentester öffentlicher „Ankläger“ die Versäumnisse von Polizei und Magistrat der Stadt Fulda an, nachdem diese im August 1993 den Aufmarsch von Neofaschisten in der Domstadt nicht verhindert hatten.
1994 stolperte Hertle nicht mehr in grüne Quotierungsfallen. Eigentlich, so der Wunsch einiger Fraktionsfrauen, sollte die lange Reihe männlich-grüner Fraktionsvorsitzender – von Joschka Fischer bis Rupert von Plottnitz – endlich mit einer Frau ihre Fortsetzung finden. Doch Hertles Konkurrentin Karin Hagemann brachte es bei der Wahl zum neuen Fraktionsvorsitz nur auf drei Stimmen. Auf Fritz Hertle entfielen dagegen neun von insgesamt zwölf Stimmen. Bis zur kommenden Landtagswahl in Hessen im Februar 1994 wird er die Fraktion führen. Vielleicht kommt mit einer neuen Fraktion dann eine Frau zum Zuge. Klaus-Peter Klingelschmitt
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