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Bremen bei Nacht: Streit ums schnelle Geld

■ Freimarkt-Schausteller, Weser-Report und CDU gegen „Schmarotzer“ Grunert, FDP, Beck's und Weser-Kurier

Schwindelerregende Bewegungen, lärmendes Menschengewirr, alkoholtrübe Sinne - das suchen Hunderttausende jedes Jahr beim Freimarkt. 16 Tage lang klingelt da die Kasse. Hinter den Kulissen tobt der Streit ums große Geld - FDP, CDU, Weser-Kurier, Weser-Report, Bremens weltweit renommierte Brauerei Beck&Co - alle haben ihre Interessen im Spiel.

„Jeder Bremer hat eine bestimmte Summe zurückgelegt für den Freimarkt, 100 Mark, 200 Mark, 300 Mark - wenn die weg sind, sind die weg“, so sieht es „River Boat“-Chef Weinert. Und dann kommt der „absolute Schmarotzer des Freimarktes“, der Bremer Gastronomie-Betreiber Achim Grunert, und sahnt ab. „Das ist unsere Existenz“, sagt Weinert und zeigt auf sein Bierzelt.

Schausteller ziehen das ganze Jahr herum, haben Investitionen oft in sechsstelliger Größenordnung, tragen das ganze Risiko des Wetters - und müssen aus ihren Saison-Einnahmen auch den Winter über leben. 400.000 Mark für Werbung haben die Freimarkt-Schausteller in diesem Jahr zusammengelegt, mittags um 12 Uhr müssen sie öffnen, ob es regnet oder nicht, und abends ab 24 Uhr am Wochende schließen, das sagt die Freimarkts-Ordnung. Und da kommt einer, Grunert heißt er, der lebt kein Schausteller-Leben, der kriegt die Halle 5 der Stadthalle, immer schön warm, „darf“ aufmachen, wenn das große Geschäft kommt (18 Uhr) und zieht wie ein „Staubsauger“ ab 23 Uhr die Freimarkt-Gäste weg bis nachts um drei Uhr. Klar, daß die Schausteller sauer sind.

Daß „Bremen bei Nacht“ nicht der Freimarks-Ordnung unterliegt, wird im bremischen Marktausschuß damit begründet, daß die Veranstaltung nicht zum Freimarkt gehöre. Es sollte diesmal auch keinen direkten Weg vom Freimarkt zur Stadthalle geben - nur den Umweg hunderte Meter weit über die Gustav Deetjen-Allee..

„Der lebt doch vom Freimarkt“, schimpfen die Schausteller. „Das ganze Jahr über hätte er hier einen großen Parkplatz, wenn das nicht so wäre.“ Mit einem Hubwagen hat Grunert eine große Leuchtklame weit sichtbar angebracht, damit die Freimarkts-BesucherInnen den direkten Weg in seine Halle 5 finden - durch den Polizei-Durchlaß an der Eislaufhalle.

Günter Uhse, Betreiber der „Krake“, hat seit März im Wohnwagen geschlafen. Der Bremer ist stellvertretender Vorsitzender der Schausteller. „Wir fühlen uns schon etas im Stich gelassen“, sagt er vorsichtig zum Verhalten des FDP-Innensenators. „Seit dem September“, schimpft Uhse, wirbt der Weser-Kurier für den „Eingang Eislaufhalle“ zur Bremen-bei-Nacht-Halle. Und als „Sponsor“ sitzt die Tageszeitung mit im Grunert-Boot. Daß Achim Grunert, der mit der Astoria-Pleite reihenweise Bremer Handwerker in finanzielle Schwierigkeiten gebracht hat, auch von Beck&Co massiv unterstützt wird, erklären sich die Schausteller mit den Schulden, die aus dieser Pleite auch gegenüber der Brauerei hängen geblieben sind. Und mit persönlichen Bindungen („Gehen Sie öfter in die Sauna...?“)

Als die Schausteller diese Woche den Polizeidurchgang auf 2 Meter verengten und mit Wachen garantieren wollten, daß wirklich nur die durchkommen, die zur Polizei wollen, reagierte der Weser-Kurier mit einem aufgeregten Artikel: „Purer Futterneid“ bestimme die Schausteller. Der Kneipier-Streit wird zum Verleger-Streit: Der Weser-Kurier-Bericht enthüllt die geschäftlichen Interessen des Weser-Report (der die Schausteller unterstützt) und behauptet, Verleger KPS intersiere sich für die Halle, wenn nächstes Jahr der Grunert-Vertrag ausgelaufen sei... Die CDU, am Weser-Report beteiligt, deutet an, daß Grunert im nächsten Jahr nicht mehr den Zuschlag für die Halle 5 bekommen könnte...

Der Innensenator reagiert auf die Sperrung des kurzes Weges vom Freimarkt zur Grunert-Halle sofort, die Polizei verfügt: 4 Meter breit muß der Weg sein. Grunert jubiliert: „Die Schlacht ist gewonnen“, nicht ohne auf den redaktionellen Flankenschutz des Sponsors hinzuweisen: Der Weser-Kurier-Artikel „bedeutet für uns eine zusätzliche und unbezahlbare Werbung“.

Günter Uhse zu dieser Vermischung von journalistischer Unabhängigkeit und Geschäftsinteressen: „Das ist ja so, als wenn einer Rechtsanwalt, Verbrecher und Richter in einem ist.“ K.W.

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