: Kohls „Krönungsmesse“ nervt
■ Junge Union muckt auf: Für Quote und Parteireform
Bonn (taz) – Das ganze Superwahljahr ackerten sie für den Wahlsieg Helmut Kohls und lobten die eigene Regierung und die eigene Partei über den grünen Klee. Jetzt aber trumpfen sie auf und präsentieren die Rechnung für das Wohlverhalten: Frauenquote und personelle Erneuerung, Eigenständigkeit der Partei gegenüber der Regierung und „Diskussionsfreudigkeit“ verlangten Bundesvorstandsmitglieder der Jungen Union (JU) gestern in Bonn von der Mutterpartei CDU.
Sogar die in den letzten Jahren vielgescholtene „Avantgarde“ kommt bei der JU wieder zu Ehren. Die CDU-Parteizentrale forderte JU-Vorstandsmitglied Klaus Escher auf, sich stärker von der tagesaktuellen Regierungsarbeit zu lösen und die Rolle der „Avantgarde in der Programmarbeit“ zu übernehmen. Der Jungpolitiker sprach sich für einen mindestens zweitägigen Parteitag Anfang kommenden Jahres aus, der eine „ungeschminkte Bestandsaufnahme“ leisten solle. Mit Blick auf den für Ende November geplanten CDU-Parteitag sagte Escher: „Eine eintägige Krönungsmesse für den wiedergewählten Kanzler können wir nicht akzeptieren.“
Sorgen bereitet Escher nach der Analyse des CDU-Wahlergebnisses das „miese Wahlergebnis bei den jungen Frauen“. Für die JU sei es „schlechthin unerträglich“, daß in der neuen Fraktion statt bislang 50 nur noch 42 weibliche Abgeordnete vertreten seien. Daher fordert die JU nun eine Quote, mit der „die bestehenden strukturellen Nachteile der Frauen für eine Übergangszeit ausgeglichen werden müssen“. Daß die Forderung nach der Quote nicht nur in der Mutterpartei sinnvoll ist, sondern auch bei der JU selbst, bewies die gestrige Pressekonferenz: Neben dem Bundesvorsitzenden, dessen Nachfolger, dem Geschäftsführer und dem Pressesprecher war keine einzige Frau erschienen. Hans Monath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen