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Nicht Mord, sondern Körperverletzung

■ Geänderte Anklage im Kaindl-Prozeß / Abidin E. wurde aus der U-Haft entlassen

Berlin (taz) – Abidin E. konnte gestern nach elf Monaten in Untersuchungshaft den Heimweg antreten. Der Haftbefehl gegen den 31jährigen im Prozeß um den Tod des rechtsradikalen Politikers Gerhard Kaindl wurde vor dem Berliner Landgericht aufgehoben. Ein „dringender Tatverdacht“ gegen E., der sich im November 1993 nach einer Durchsuchung seiner Wohnung der Polizei gestellt und seitdem beteuert hatte, nicht am Tatort gewesen zu sein, bestehe nicht mehr. Vier Zeugen hatten zuvor sein Alibi bestätigt. E.'s Verfahren wird, abgetrennt von dem der sechs übrigen Angeklagten, fortgesetzt. Verteidiger Christoph Kliesing rechnet mit einem Freispruch.

Auch den übrigen Angeklagten wird kein Mord mehr vorgeworfen, sondern Körperverletzung mit Todesfolge sowie die Beteiligung an einer Schlägerei. Bei einem Angriff von überwiegend türkischen Jugendlichen auf ein Treffen der „Deutschen Liga“ am 4. April 1992 war Kaindl mit Messerstichen tödlich verletzt worden.

Der Beschluß zur Aufhebung des Haftbefehls erfolgte zu einem ungewöhnlichen Zeitpunkt – inmitten der Vernehmungen des Staatsschutzbeamten Harald B., der beide Hauptbelastungszeugen vernommen hatte und zu dessen Befragung Kliesing zehn Seiten mit Fragen zu den Vernehmungsmethoden bereithielt. Kliesing beantragte, den Beamten trotz der Aufhebung des Haftbefehls befragen zu dürfen. „Nach meiner Einschätzung ist er dafür verantwortlich, daß Herrn E. elf Monate seines Lebens gestohlen wurden.“

Mit den Vernehmungen der Staatsschützer will das Gericht das Zustandekommen der widersprüchlichen Aussagen des Hauptbelastungszeugen Bazdin Y. klären. Denn Y. waren, so geben es die Protokolle wieder – von Vernehmung zu Vernehmung mehr Details zu der Tat und den Verdächtigen eingefallen – Details, die der Staatsschutz aus dem Geständnis von Erkan S. kannte. Viele Aussagen sprechen eindeutig die Sprache der Beamten und nicht die des Angeklagten. „Wenn er sich mißverständlich ausgedrückt hat, kann es schon sein, daß wir unsere Worte eingefügt haben“, erklärte Harald B. dazu. Am Sinn habe das jedoch nichts geändert. Jeannette Goddar

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