: Klirrende Gläser
■ „Rummel um Die Kleine Tierschau“ im Tivoli
„Wir suchen Freiwillige. Dabei liegt die Betonung nicht auf frei, sondern auf willig.“ Mit diesen Worten und einem leicht sadistischen Blick begibt sich der Messerwerfer alias Michael Gaedt, der zusammen mit Ernst Mantel und Michael Schuling den Rummel um die kleine Tierschau im Schmidts Tivoli veranstaltet, ins Publikum und sucht sich ein Opfer aus. Das heißt Daniela, und nachdem sie den Akt des Messerwerfens überstanden hat, darf sie unverletzt, mit einem bunten Riesen-Fritz-Feuerstein-Stofftier wieder von der Bühne. Wie gut, daß sie es mit so einem brillanten Messerwerfer zu tun hatte! Oder ist es vielleicht am Ende weniger gekonntes Messerwerfen, sondern mehr ein geschickter Griff in die Trickkiste?
Doch nicht nur Daniela muß die bequeme Rolle der passiven Zuschauerin aufgeben. Während des grell schillernden Jahrmarktrummels, der am Dienstag im Schmidts Tivoli Hamburger Premiere hatte, wird so mancher Zuschauer gefordert. Damit die beiden Tiere der Seehundshow, gespielt von Ernst Mantel und Michael Schulig in todschicken silbernen Seehundkostümen mit blau-weißen Fahrtenschwimmerabzeichen, ihr Wettschwimmen austragen können, müssen die Zuschauer die Arme heben und zupacken. So kraulen die beiden begleitet von den Geräuschen zerklirrender Gläser und rückender Stühlen über die Köpfe des wogenden Publikums hinweg.
Die drei Schwaben, die schon seit dreizehn Jahren durch hiesige und fremde Lande tingeln, besitzen ein vielseitiges Repertoire an Instrumenten, die sie genauso häufig und schnell wechseln wie ihre urkomischen Kostüme. Häufig und schnell wechseln auch die Songs, die sie spielen – besonders während des mehrminütigen Dauerdüdlers, der verschiedenste Musikrichtungen auf die Schippe nimmt. So wird zum Beispiel das volkstümliche „hoia hoia ho“ nahtlos zum „Hotel California“. Einen der Höhepunkte für alle Feuersalamanderfreunde stellt sicherlich der Auftritt von Lurchi und seinen beiden Freunden dar. Das Comic-Team, das Kindern schon seit Jahrzehnten die Zeit beim lästigen Schuheinkauf etwas erträglicher macht, beweist mit dem Lurchi-Rap, daß es trotz der Jahre jung geblieben ist.
Martje Schulz
Schmidts Tivoli, bis 30. Oktober
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