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Othello wie gemalt

■ Ben Willikens' Bühnenbilder für den neuen Bremer „Othello“, vor der Premiere schon mal im Museum zu besichtigen

Ein Halbsatz am Schluß der Rezension (...“ebenso das ansprechende Bühnenbild von H. Zehetgruber...“) – das ist meistens schon alles, was der Bühnenbildner an öffentlicher Würdigung erwarten darf. Nicht so bei Ben Willikens. Der Mann ist schließlich Künstler. Und zwar einer, der sich mit Licht, Raum und deren dramatischen Wirkungen seit langem auseinandersetzt. Seine Entwürfe für die neue „Othello“-Produktion des Bremer Theaters werden derzeit im Neuen Museum Weserburg mit einer eigenen Schau bedacht.

Ein paar Tage vor der Premiere darf das Publikum also schon mal spinxen. Nicht nur, wie das fertige Bühnenbild denn wohl aussieht; die Ausstellung zeigt vor allem, wie das Gesicht einer Inszenierung allmählich entsteht. Neben flüchtig skizzierten Gouachen und Fotos bedient sich Willikens bei diesem Klärungsprozeß auch großformatiger Gemälde – ein ungewöhnliches, weil aufwendiges Medium in dieser Branche. Aber mit diesem Kunstgriff gelingt es Willikens, einen sehr genauen Eindruck seiner Idealvisionen zu vermitteln. Keine Farbe – alle Räume sind Grau in Grau gehalten; keine dramatischen Szenen – die Bühne ist menschenleer, nur vom Licht belebt. Das aber auf fast magische Weise.

Kühles, klares Licht erfüllt diese Hallen. Einfache stereometrische Körper bilden die Bausteine der Architektur. Gemeinsam bewirkt das eine pathosgeladene Grundstimmung, in der sich Assoziationen an die Antike, die Renaissance und an den Purismus der Moderne feierlich verbünden.

So gewinnen diese Kunsträume ein Eigenleben, das mit dem shakespearschen Theater, wie es im Schauspielhaus über die Bühne gehen wird, freilich nicht mehr viel zu tun hat. Die Probenfotos lassen ahnen, wie stark Regisseur Frank Hoffmann die Idealarchitektur von Willikens gebrochen hat. tom

Ausstellung bis 30.10.; „Round-Table-Gespräch“ mit Ben Willikens, div. Theater- und Museumsleuten am 29.10. um 11 Uhr, Neues Museum Weserburg

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