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Ein „Bürgerpark“ für Windkraftmuffel

■ Zwischenbilanz der Windkraftnutzung an der Uni Oldenburg / Anwohner gegen Windmühlen

In Sachen Windkraft liegt die Nordwest-Region in Deutschland auf Platz zwei hinter Schleswig-Holstein. Die regnerative Energiequelle ist allerdings nicht unumstritten, denn viele AnwohnerInnen fühlen sich von den Windmühlen, die mit fremden Investoren-Geldern errichtet werden, genervt. In Butjadingen soll jetzt ein „Bürger-Windpark“ entstehen, der die ansässige Bevölkerung an der windmüllerei beteiligen soll.. Das ergab ein Symposium „Regenerative Energien im Nordwesten“ an der Uni Oldenburg.

„Die niedersächsiche Landesregierung hat das Ziel, bis zum Jahr 2000 eine installierte Windkraftleistung von über 100 Megawatt zu erreichen“, meinte Rainer Kottkamp vom Wirtschaftsministerium. Dies entspricht der Leistung eines mittleren Kernkraftwerkes. „Allein 1994 wurden in Niedersachsen 200 MW neu installiert“, so Kottkamp weiter.

Ein Großteil der Anlagen steht an der Nordseeküste – wegen der steifen Brise. Vorbei ist jedoch die Vorstellug von der Öko-Bäuerin, die neben Radieschen- und Kartoffelbeeten auch ein Windrad aberntet. Windenergie ist an der Küste ein Geschäft: Megawatt-Leistungen werfen nur regelrechte Windparks ab. Im friesländischen Dornum werden 18 Windräder betrieben, in Butjadingen in der Wesermarsch wird noch in diesem Jahr mit dem Bau des „Bürger-Windparks“ begonnen, wo 14 Windräder neun MW Strom erzeugen sollen.

Doch gegen diese ökologische Art der Energiegewinnung formiert sich Protest: BürgerInnen halten Strommasten für ästhetischer als Windräder und würden die Millionen lieber für die Sicherheit von Kernkraftwerken ausgegeben sehen. Vogelschützer befürchten, daß ihre Klientel nicht bereit ist, Umwege zu fliegen und deshalb in den Rotoren sterben könnte. Dieses Szenario ist allerdings noch für keinen Windkraft-Standort nachgewiesen worden.

Die Küste Nordfrieslands ist bereits heute mit 21 Windparks gepflastert. Die Probleme mit dem Fremdenverkehr schildert Bernd Böge von der „Bürgerinitiative gegen Windräder“ in Emmelsbüll: „Früher haben die Menschen bei uns Urlaub gemacht. Heute kommen sie mit Bussen aus Flensburg, sind ökologisch ganz interesiert am Windpark – und fahren wieder weg. Das ist wie Hansaland.“ Eine ähnliche Entwicklung befürchtet die Industrie- und Handelskammer Emden. Landräte aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben dafür gesorgt, daß eine Änderung des Bundesbaugesetzes im August vom Bonner Vermittlungsausschuß auf Eis gelegt wurde. Windräder außerhalb von Ortschaften sollten danach nicht mehr genehmigungspflichtig sein und Vorrang vor anderen Bebauungen haben.

Staatliche Bauzuschüsse, steuerliche Abschreibemöglichkeiten und garantierte Stromabnahme zu Festpreisen lassen Windparks zu attraktiven Kapitalanlagen werden. Kari Schönfelder von der Emmerlsbüller Initiative: „Die Windparks bringen kaum Arbeitsplätze in die Region. Die Bauern bekommen nur die Pacht- oder Kaufsumme für ihr Land. Die Investoren mit Gewinnbeteiligung sind eher Zahnärzte aus Bayern.“

In der Wesermarsch soll das ganz anders ablaufen, versichert Marius Eriksen, Planer des Windparks in Butjadingen: „Es entsteht ein Bürger-Windpark. Das Steueraufkommen wird der Gemeinde zufließen, die Bauern haben die Möglichkeit, sich bis zu 50 Prozent am Investitionsvolumen zu beteiligen. Den Rest können Gemeindebewohner aufbringen. Erst dann kommen auswärtige Investoren zum Zuge.“ Die aber stünden bereits Schlange, fügt er hinzu. Karsten Gerlof

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