„Jetzt mehr verkaufen!“

■ Katrin Rabus, Bremens streitbarste Galeristin, über die hohe Kunst der privaten Kulturförderung/ Morgen Wiedereröffnung der Kunsträume

Kultur braucht Geld – Kartin Rabus schafft es 'ran. Hilfe von Staatsseite weist sie drakonisch von sich; Grund: der nicht ganz unbegründete Verdacht, die öffentliche Hand könnte ihr als privater Unternehmerin dann auch mal eins auswischen. Unabhängig von jeglichen Subventionen, begreift sie ihre Galeriearbeit als private Künstlerförderung. Aber längst ist ihr Laden mehr als eine Galerie. In der umgemodelten Blusenfabrik hinterm Bahnhof spielt die Neue Musik und laufen die Kunstdebatten. Jetzt baut Rabus nochmal groß aus: Architekten, Designer, Künstler und Köche hocken nun unter den schönen Sheddächern der Fabrik zusammen. Auf der Baustelle – Wiedereröffnung ist morgen abend – erzählte Rabus, wieso das ganze Unternehmen eigentlich funktioniert.

taz: Wieviel Subventionen hat ihr Galerieumbau eigentlich verschlungen?

Rabus: Subventionen? Überhaupt keine. Es gibt immer noch keinen Pfennig öffentliches Geld. Ich sehe auch nicht, woher es kommen sollte.

Was hält Sie denn so beharrlich davon ab, nach staatlicher Unterstützung zu fragen?

Die Erfahrung, daß in Bremen staatliche Subventionen nicht frei vergeben werden. Als ich hier vor 15 Jahren anfing, gab es unter Galeristen die Diskussion, ob wir nicht Subventionen fordern sollten, weil wir doch auch zum Kulturangebot beitragen. Dagegen habe ich mich ganz stark gewehrt, weil ich den Eindruck hatte, wir müßten dann zum Beispiel irgendwelche Austauschkünstler aus Partnerstädten oder so zeigen, weil es die Stadt vielleicht ganz gern hätte.

Was bringt denn die von Ihnen praktizierte Art der Staatsferne der Kunst?

Daß ich Geld einnehmen muß; daß ich den 20 Künstlern meiner Galerie dadurch ein Einkommen verschaffe. Die Unkosten dieser Galerie – und die sind sehr hoch – muß ich über Umsätze finanzieren. Eine Galerie wie diese hat 120.000 Mark feste Kosten im Jahr. Um die aus Kunstverkäufen decken zu können, muß ich Umsatz von 300.000 Mark machen. Da bleibt dann eine Summe übrig, die zwischen den Künstlern und mir halbiert wird. Meine Künstler haben da natürlich gesagt: Wunderbar! Wenn Du jetzt mehr Kosten hast, mußt Du auch mehr verkaufen!

Nun gibt es genug Kunstinteressierte in Bremen, die sagen: Ohne staatliche Instrumente wie die Soziale Künstlerförderung kann Kunst gar nicht gedeihen.

Ich würde immer noch sagen: Kunst gedeiht, egal, ob irgendwas gefördert wird. Auch heute. Aber der Staat soll die Institute fördern, die alte Kunst bewahren und der neuen Kunst öffentlichen Raum geben, wie Museen und Kunstverein. Wenn sowas nur auf privater Basis liefe, dann säßen wir bald alle bei Lührssen und müßten uns in einer ganz anderen Weise von der Kunst beeindrucken lassen. Da muß es schon ein staatliches Korrektiv geben, aber in Form unabhängiger Institute. Es kann doch nicht sein, daß die Kulturverwaltung sagt: Wir machen jetzt selbst ein Ausstellungshaus und engagieren jemanden, der von uns abhängig ist und das veranstaltet, was wir uns unter Kunst politisch so vorstellen. So darf es nicht laufen. Aber wenn Institute wie die Schulen und die Museen vom Staat so ausgestattet werden, daß die ihre Arbeit machen können – dann würden Künstler hierherkommen; dann würde das Publikum vielleicht auch eher Qualität erkennen können. Wir Privaten brauchen überhaupt keine Förderung, wenn der öffentliche Bereich stabil ist.

Welchen Beitrag leisten dann private Unternehmen wie Ihres?

Zur Kunst kommt man über einzelne Menschen, denen es etwas bedeutet, das ist meine Erfahrung. Daher müßte es auch mehr Plätze wie diesen hier geben. Damit für das Publikum erkennbar ist: Hier sind Menschen, die sich individuell für Kunst engagieren. Sie zum Beispiel finden etwas Bestimmtes gut und äußern das auch – das wollen die Menschen wissen. Was denkt jemand über Kunst? Hat der eine Position? Kann er das begründen? Ist das greifbar? So hat man als Galeristin sicher eine Wirkung, die man aber gar nicht messen kann. Vielleicht wird es dann einmal Menschen geben, die sagen: ich da früher mal in Bremen eine Ausstellung gesehen, die war ganz wahnsinnig, da hingen nur so Polyesterfolien an der Wand und die Frau fand das gut – und es kostete auch noch 10.000 Mark! Vielleicht wird jemand dadurch irgendwann selbst zum Kunstentdecker.

Davon kann sich eine Galerie aber doch nicht ernähren. Wieso funktioniert ihr Unternehmen, das ja immer mehr zu einem kleinen Kulturzentrum wird, eigentlich schon so lange?

Daß es hier funktioniert, liegt auch daran, daß ich mich an einen überregional ganz großen Kreis von Kunstinteressenten wende, um diese handvoll Sammler herzubekommen, die ich fürs finanzielle Überleben brauche.

Spielt es nicht auch eine große Rolle, daß neben der Kunst hier eine ganze Menge anderer Geschichten passiert?

Ja, das ist natürlich mein ganz persönlicher Trick. Ich könnte mir natürlich auch Subventionen besorgen, das würde ich sicher ganz gut hinkriegen – man kennt das Instrumentarium ja. Aber ich gehe den anderen Weg. Das hängt natürlich auch mit meiner Biografie zusammen. Ich war immer sehr stark an Öffentlichkeit interessiert. Aber ein Museum oder einen Kunstverein hat man mir eben nicht angeboten. Die Chance hatte ich nicht. Also hab' ich es eben selbst gemacht. Und immer andere Geschichten wie Konzerte und Vorträge mit hineingeholt. Dadurch ist die Galerie im Gespräch. Viele Menschen in der Stadt sind nie hiergewesen, aber sie sprechen davon, als ob sie schon mal da waren. Das ist natürlich unbezahlbare Werbung. Sowas würde ich nie erreichen, wenn ich im „Kunstforum“ teure Anzeigen schalte. Das hab' ich nie gebraucht.

Fragen: Thomas Wolff

Wiedereröffnungs- Ausstellung mit allen Künstlerinnen und Künstler der Galerie: 1.11., 19.30 Uhr (Plantage 13); Vortrag von D.E. Sattler über „Die Kunst zu ändern“