: Eingegrenzte Erinnerungen
■ Möllner sind gegen die Umbenennung einer Gasse zum Bahide-Arslan-Weg
Mölln, Mühlenstraße, November 1994. Noch ist das Haus Nr. 9 eingerüstet, in dem am 22. November vor zwei Jahren Bahide Arslan, Yeliz Arslan und Ayshe Yilmaz verbrannten. Zum Jahrestag des mörderischen Brandanschlags soll am wiederaufgebauten Haus ein Mahnmal der Erinnerung angebracht werden. So der Wille der Stadtpolitiker. Neben dem Haus führt ein kleiner Gang zum Kurpark. Doch diesen Weg wollen dieselben Stadtpolitiker nicht nach Bahide Arslan umbenennen. Der Bildungsausschuß lehnte den Antrag der Grünenabgeordneten ab. Horst Kühl, Fraktionsvorsitzender der CDU in Mölln, erklärt warum.
taz: Warum lehnen Sie es ab, einer Frau, die bei einem Brandanschlag ums Leben kam, mit einer Straßenbenennung zu gedenken?
Horst Kühl: Im Bildungsausschuß war man der Meinung, daß der Gang Lohgerbergang heißen soll. Früher haben da Lohgerber gewohnt, die hatten dort auch ihre Werkstätten. In der Altstadt weisen die Straßennamen auf die frühere Nutzung hin. Mühlenstraße etwa. Und ich bin der Meinung, das ist in Ordnung, den Gang nicht nach Bahide Arslan zu benennen. Wir bauen ja das Haus, in dem sie wohnte, wieder auf.
Das ist Erinnerung genug?
Über die gesamte Fassade erstreckt sich eine Tonskulptur. Sie stellt Flammen dar. Und eine Hinweistafel bringen wir auch am Gebäude an.
Wie üblich klein und unscheinbar: „Hier wohnte ... hier kam auf tragische Weise ums Leben“?
Nein, die können Sie von der Hauptstraße aus erkennen, die Skulptur ist zehn Meter hoch. Und hinter dem Wohnhaus wollen wir die Begegnungsstätte bauen. Die soll den Namen von Bahide Arslan tragen. Und diesen örtlichen Bezug zum Brandanschlag herzustellen, halte ich für angemessener, als wenn man irgendeine Straße nach ihr benennt.
Die Begegnungsstätte wird versteckt im Garten liegen. Warum weigern Sie sich, die Erinnerung an den mörderischen Anschlag öffentlicher zu machen?
Es gibt einige Städte, die sind ganz schnell mit Straßennamen dabei, die kleben so ein weißblaues Schild dran, und dann ist die Sache für die erledigt. Diesen Gang mag ich nicht. Das ist populistisch. Es muß tiefer sitzen. Es muß direkt mit dem Haus in Verbindung gebracht werden.
Man könnte doch beides machen.
Das ist doch die Frage, wie weit man geht, auch in der Lokalisierung des Ortes. Ich meine, so, wie wir das jetzt planen, ist das Haus auch besser zu finden, als wenn wir im Stadtplan einen Bahide-Arslan- Weg hätten.
Was ist für Sie das Gedächtnis des Ortes?
Ich möchte bewahrt wissen, daß man erkennt, daß dieser Brandanschlag stattgefunden hat, aber auch, wie die Stadt damit umgeht, was sie tut, wie sie's macht.
Voraussichtlich am 11. November wird sich die Stadtversammlung abschließend mit dem Antrag auf Umbennung befassen. Wie werden Sie stimmen?
Ich bleibe dabei. Es heißt Lohgerbergang. Interview: Annette Rogalla
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