: Grüne wollen lieber regieren als Autos bremsen
■ Bündnisgrüne in Sachsen-Anhalt für A28
Güntersberge (taz) – Grüne lassen jetzt sogar Autobahnen bauen. Sechs Stunden lang haben die Landesdelegierten von Sachsen-Anhalt am Samstag diskutiert. Dann war ihnen die Regierungskoalition mit den Sozialdemokraten wichtiger als die Proteste gegen das Straßenprojekt, das Bonner und Magdeburger Christdemokraten so am Herzen liegt. Durch „weiteren Widerstand gegen die Südharzautobahn A28“ dürfe die Minderheitsregierung nicht gefährdet werden, lautet der abschließende Beschluß.
„Wir haben die Schlacht verloren“, grübelte ein Delegierter. Vielleicht fand sie gar nicht statt. Beobachter konnten lange Zeit nur Chaos im Saal erkennen. Drei unklar formulierte Anträge versuchten, eine Debatte wiederzueröffnen, die schon geschlossen war. Denn die Magdeburger Parlamentsfraktion hatte eine Ablehnung der Autobahn schon vorab zur aussichtslosen Sache erklärt. Der verkehrspolitische Fraktionssprecher Ulrich-Karl Engel schmuggelte lediglich die Klausel in seinen Leitantrag, daß die Bündnisgrünen für ihr Zugeständnis ökologische Ausgleichsmaßnahmen fordern: Neben Umgehungsstraßen im Verlauf der Bundesstraße 80 werden eine „massive Förderung und Vernetzung“ des öffentlichen Nahverkehrs sowie ein „starker Ausbau des regionalen Bahnverkehrs“ verlangt.
Die neue Autobahn dient freilich eher dem Durchgangsverkehr. Das störte die Delegierten jedoch wenig. Sie hatten ohnehin keine Lust, über großräumigere Perspektiven ihrer Partei zu diskutieren. Genau das aber sollte ursprünglich der Zweck der außerordentlichen Landesdelegiertenkonferenz sein. Sie war einberufen worden, um „Leitlinien für eine realistische Wirtschaftspolitik“ zu entwickeln. „Das Abschneiden bei den Landtags- und Bundestagswahlen hat gezeigt, daß wir im Osten mit Öko-Themen allein nicht bestehen können“, schrieb Michael Rost vom Landesvorstand, „die zentralen politischen Themen bleiben die Wirtschafts- und die Arbeitsmarktpolitik.“
Vier Anträge dazu lagen auf dem Tisch. Sie gingen im Bemühen um die Koalitionsrettung unter, ihre Beratung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Frustriert trat Vorstandsmitglied Rost zurück. In aller Ruhe stimmten die Delegierten danach über ihr Verhältnis zur PDS ab: 16 stimmten für eine scharfe Distanzierung von der SED-Nachfolgepartei, 15 sprachen sich dagegen aus. Eberhard Löblich/taz
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