: Lieber ein Ende mit Schrecken -betr.: "Vollsperrung in der Langenstraße" und Kommentar "Jetzt investieren", taz vom 1.11.94
Betr.: „Vollsperrung in der Langenstraße“ und Kommentar „Jetzt investieren“, taz vom 1.11.
Selbst, wenn wir annehmen, daß es sich bei den Besucherzahlen der Edward-Hopper-Ausstellung um einen „glücklichen“ Druckfehler handelt (was eine Null doch alles ausmachen kann!), so scheint mir der Rückschluß von Thomas Wolff auf den guten Besuch der Ausstellung von 7.000 Besuchern doch etwas kurz zu sein, das Kunstforum am Markt in der Langenstraße habe „endlich Konturen“ durch die Grafikausstellung Edward Hopper bekommen. Es verwundert sehr, wenn sogar die nicht gerade wirtschaftsnahe taz Erfolg nur an den Besucherzahlen mißt.
Wenn diese Argumentation denn gilt, dann ist auch zu fragen: Wie teuer war denn diese Ausstellung mit 43 Grafiken, 5 Aquarellen, 2 Gemälden (das nachgemalte nicht gerechnet), 2 Monotypien, 4 Druckplatten und 2 Zeichnungen (dazu 16 Drucke der Zeitgenossen) und wie billig wäre sie geworden, wenn ein professionelles Museum diese Ausstellung gemacht hätte? Es gibt da Vergleichszahlen, denn diese Ausstellung hatte, allerdings umfang- reicher, das Westfälische Landesmuseum in Münster 1984 bereits einmal gemacht.
Mit den Kosten für diese eine Ausstellung hätte ein Museum das Forum mindestens ein Jahr mit Ausstellungen hoher Qualität bespielen können, so wie es ja bereits vorher geschah, als zeitweise das Neue Museum Weserburg die Ausstellungen konzipierte: „Roman Opalka“ (danach: Paris, München, Wien, Göppingen, Berlin; demnächst: Warschau, Budapest, Venedig), „Jochen Gerz“ (danach: Saarbrücken, Karlsruhe, Manchester, Altenburg, Potsdam), „Mistaken Identities“ (davor: Santa Barbara, USA, Essen, Graz; danach: Louisiana/Dänemark) und Richard Lang (nur in Bremen, Sponsor: Bremer Landesbank!)).
Ja, es braucht Zeit, ein solches Institut auf die Beine zu kriegen, und es braucht ein Konzept und es braucht dazu eine Grundfinanzierung. Es braucht nicht die unwahren Behauptungen, man bekäme Ausstellungen kostenlos vom Goethe-Institut oder dem Institut für Auslandsbeziehungen und man werde schon irgendwie von Sponsoren finanziert und es würde alles ganz oder doch fast ganz ohne öffentliche Mittel gehen.
Nicht einmal die sicherlich populäre Hopper-Ausstellung hatte einen Sponsor gereizt, wie in dem Artikel allerdings suggeriert wird. Welche Sponsoren haben denn in die bisherigen Ausstellungen investiert? Die würden es doch sicherlich sehr gerne sehen, wenn sie genannt würden, oder?
Kaum jemand bedauert es mehr als ich, wenn die Langenstraße zumachen müßte, so aber: Lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende.
Thomas Deecke, Neues Museum Weserburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen