: Gewährleistungspflichtige Schwimmernadeln Von Klaudia Brunst
Letzte Woche war mal wieder der Wagen kaputt. Die Tankanzeige. Auf Anraten meines Schwiegervaters wandten wir uns diesmal gleich an eine Vertragswerkstatt. Da habe man nämlich „Gewährleistung“. Wenn die pfuschen würden, müßten sie es auch wieder ausbügeln. Das leuchtete uns ein. Dafür seien Vertragswerkstätten aber auch etwas teurer. Selbst das leuchtete uns ein.
Wir einigten uns mit dem Mechaniker darauf, den Schaden nur zu beheben, wenn es sich um einen Bagatellfall handle. Keinesfalls, schärften wir ihm ein, wollten wir eine komplett neue Tankanzeige. „Klaro, die Damen“, meinte der Mann im Blaumann, „erst nachkieken, dann anrufen.“
Abends hatten wir dann natürlich doch folgenden Anruf auf der Bandmaschine: „Taach och, Herr ... äh ... Frau ... Bruhns, also die Tankanzeige. Die mußten wir rausnehmen, die war total hin. Mit Tankablassen und dem ganzen Pipapo macht das dann zusammen 465,89 Mark. Sie können den Wagen dann morgen bis spätestens 7.30 Uhr abholen.“
Um diese Uhrzeit war die Tankanzeige allerdings schon wieder ausgefallen. Wir dankten im Geiste meinem Schwiegervater, pochten auf unsere Gewährleistung und ließen den Wagen samt neuer Schwimmernadel gleich da. Schon drei Stunden später meldete der Mechaniker Vollzug: „Taach och, Herr ... äh ... Frau ... Bruhns, also die Tankanzeige. Die mußten wir rausnehmen, war total hin. Macht diesmal aber nur 258,32 Mark.“
Das mußte ein Irrtum sein. „Das sehe ich nicht so“, meinte der Geschäftsführer, den wir schließlich holten, weil sich der Mechaniker auf ein schlichtes „kaputt ist eben kaputt“ zurückgezogen hatte. „Vergessen Sie nicht, werte Dame“, meinte er zu mir, „daß Sie ja jetzt im Besitz einer völlig neuen Schwimmernadel sind. Und nun hat unser Mechaniker eben festgestellt, daß auch die elektronische Anzeigeuhr im Amaturenbrett Mitschuld an dem Versagen der Tankanzeige hatte.“ Also sei der Schaden doch behoben, weshalb wir doch jetzt bitte ganz ruhig und gesittet zur Kasse gehen sollten.
„Nirgendwohin werden wir gehen außer zu unserem Auto“, blaffte meine Freundin im schönsten Besetzer-Pogo-Deutsch zurück. „Diese Kack-Schwimmernadel war doch gar nicht kaputt! Da können Sie uns gerne die alte wieder einbauen! Wir haben ja schon fünfhundert Eier für was bezahlt, was gar nicht kaputt war. Und nun sollen wir noch mal drei Lappen löhnen – für eine blöde Tanknadel, die Sie hätten geradebiegen sollen?“
„Ich finde, daß meine Freundin die Rechts- und Sachlage recht gut zusammengefaßt hat“, setzte ich säuselnd nach. „Ein Vorschlag zur Güte: Wir zahlen die Materialkosten für beide Ersatzteile, aber nicht das überflüssige Ablassen des Tanks und all den Pipapo von der ersten Rechnung. Dafür vergessen wir, daß Sie versucht haben, uns zu betrügen. Wir bekommen die Autoschlüssel, Sie behalten ihre Konzession.“
Zähneknirschend und nicht ohne uns mit lebenslangem Hausverbot zu belegen, willigte der Mann schließlich ein. Im Siegestaumel fuhren wir vom Hof. Die Tankanzeige arbeitete einwandfrei – bis zur nächsten Ecke. „Und wie steht es in einem solchen Fall“, fragte meine Freundin leise, „mit der Gewährleistungspflicht?“
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