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Klage gegen Überhangmandate

■ Bündnisgrüne ziehen nach Karlsruhe, um Wählerwillen zum „richtigen politischen Ausdruck“ zu verhelfen

Bonn (AFP) – Nach der Landesregierung von Niedersachsen hat nun auch die Partei Bündnis90/ Die Grünen angekündigt, daß sie gegen die künftige Sitzverteilung im Bundestag beim Bundesverfassungsgericht klagen wollen. Bundesvorstandssprecher Ludger Volmer betonte gestern vor JournalistInnen in Bonn, seiner Partei gehe es mit der Organklage nicht darum, den Willen der Wähler „zu korrigieren“, sondern ihm vielmehr zum „richtigen politischen Ausdruck“ zu verhelfen. Durch die 16 Überhangmandate sei in „eklatanter“ Weise gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen worden. Erreichen wollen die Bündnisgrünen, daß möglichst noch während der nächsten Legislaturperiode Ausgleichsmandate für die Überhangmandate geschaffen werden.

Bei der Wahl am 16. Oktober hatte die CDU zwölf Überhangmandate errungen, die SPD vier. Ohne diese zusätzlichen Mandate würde die Mehrheit der Koalition von CDU, CSU und FDP im neuen Bundestag nicht zehn, sondern nur zwei Stimmen betragen. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktkandidaten durchbringt, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis zustehen. Da Direktmandate einer Partei nicht entzogen werden können, erhöht sich die Zahl der Sitze im Bundestag um die Überhangmandate.

Volmer verwies zur Begründung der geplanten Verfassungsklage auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 1988. Damals hatte das höchste deutsche Gericht eine Beschwerde gegen die Bundestagswahl 1987 verworfen, bei der nur ein einziges Überhangmandat entstanden war. Die CDU hatte damals, dieses zusätzliche Mandat eingerechnet, 431 Stimmen weniger für einen Sitz benötigt als die SPD. Im damaligen Urteil hieß es, damit seien „die engen Grenzen, in denen die Differenzierung des Stimmgewichts notwendigerweise zulässig ist“, nicht überschritten worden.

Bei der jetzigen Bundestagswahl hingegen benötigten die Sozialdemokraten durchschnittlich 2.081 Stimmen mehr für ein Mandat als die CDU, die Bündnisgrünen sogar 3.919 Stimmen mehr als die CDU. Damit seien die vom Bundesverfassungsgericht seinerzeit genannten „engen Grenzen“ der Toleranz „bei weitem überschritten worden“, unterstrich Ludger Volmer.

Debattenbeitrag Seite 10

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