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Das bewegte Bett

Wasserbetten sind in Deutschland noch selten / Uneinigkeit über orthopädischen Sinn und Unsinn  ■ Von Eva Blank

Von der Werbung angespriesen als die natürlichste und gesündeste Schlafform bleiben doch die Vorbehalte gegenüber dem Wasserbett. Es könnte gluckern, platzen, seekrank machen, Decken zum Einstürzen bringen oder sei gar nur etwas fürs Rotlichtmilieu. Beim Probeliegen ist jedoch kein Gluckern zu hören; und laut Stiftung Warentest wog ein Wasserbett schon vor vier Jahren nicht mehr als eine Waschmaschine. Damals entschieden sich jährlich rund 40.000 Deutsche für ein Wasserbett, was einem Marktanteil von nur einem Prozent entsprach – viel weniger als in den USA mit 25 Prozent oder in Skandinavien, wo beinahe jedes zweite Bett mit Wasser gefüllt ist.

Unterschieden werden zwei Arten des wäßrigen Möbels; Patrix Dehee, Besitzer des Wasserbettenladens Caprice in der Pariser Straße, schafft Klarheit: „Einmal die mit einem Holzrahmen um den Wasserkern, Hard-side genannt, zum anderen die Soft-side-Wasserbetten, bei denen der Wasserkern von einer Schaumstoffumrandung umgeben ist.“ Diese Art könne in jedes beliebige Bettgestell eingepaßt werden. „Der Preis für ein Wasserbett liegt bei 800 bis 8.000 Mark“, so Dehee. Auslaufen könnten die Matratzen nicht, es sei denn, sie würden mit Gewalt zerlöchert. In dem Fall aber schütze noch eine Schutzfolie vor Wassereinbruch beim Nachbarn.

Carola Rudnick, staatlich geprüfte Schlafberaterin der Uni Münster und Verkäuferin bei Bettgeflüster in Britz, schwört auf das wäßrige Bett: „Es ist das ideale Allergikerbett, da die Vinyloberfläche abwischbar ist und sich kein Milbenkot im Bett ansammeln kann.“ Die Pflege des Bettes sei leicht, allerdings ist sie ungewöhnlich: Dem Wasser muß alle sechs Monate ein Antialgenmittel zugesetzt werden. Zudem muß das Bett beheizt werden, da sonst das Wasser dem Körper die Wärme entziehen, der Schlafende praktisch einfrieren würde.

Größter Vorteil des Wasserbetts ist für Rudnick die Anpassung an den Körper. „Anatomisch korrektes Schlafen wird unterstützt; das führt zu einer längeren Tiefschlafphase. Druckstellen werden ausgeglichen und die Blutzirkulation angeregt“, meint Rudnick. Genau diesen Vorteil sah aber die Stiftung Warentest nicht. „Der Körperschwerpunkt sinkt in Wasserbetten tiefer ein. Dadurch ergeben sich im Bereich von Becken und Hüfte ungünstige Winkel“, so der Bericht: Bei den Versuchen, die Lage zu verändern, fänden Arm und Hüfte keinen Halt. Bei größerem Druck seien sie noch tiefer eingesunken, so daß nur unter erheblichen Schwierigkeiten die Lage verändert werden konnte. Seit entsprechender Kritik der Prüfer bieten die Hersteller nun auch Baumwoll- oder Schafwolldecken als Abdeckmatte an, da die Vinyloberfläche die nächtlich abgesonderte Körperflüssigkeit nicht auffangen kann; das Bett kann für den Schläfer unangenehm naß werden. Außerdem bildet sich so Schimmel im Bett.

Vincent Minter vom Regale- Wasserbettenstudio ist überzeugt, daß kein Orthopäde ein Wasserbett zur Kompensierung von Wirbelsäulenfehlern empfehlen würde. Wasserbetten seien kein Allheilmittel, „Rückenprobleme müssen differenzierter betrachtet werden“, so Minter. Eventuell empfehle sich vorher sogar ein Beratungsgespräch beim Arzt.

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