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Wie man sein Geld vermehren kann

■ Buchtip: „Handbuch Geldanlage“

Der Bundesfinanzminister sollte sich von seinen SteuerbürgerInnen ruhig mal eine Scheibe abschneiden – was er vermutlich auch gerne tun würde. Die Deutschen haben nämlich genug Geld auf der hohen Kante, um jedes Haushaltsloch zu stopfen: Immerhin 3,9 Billionen Mark waren es 1993. Diese Zahl entspricht, so sagt die Statistik, einem Vermögen von rund 127.000 Mark pro Haushalt im Westen und immerhin noch 35.000 Mark im Ostteil der Republik. Nun werden sich manche fragen, wo denn ihr rechnerischer Anteil an diesen Kapitalreserven geblieben ist, doch das gehört ins Feld der Sozialpolitik.

Der Stiftung Warentest geht es in ihrer neuesten Publikation mit dem Titel „Handbuch Geldanlage“ demgegenüber um das Geld als solches, und zwar „egal, ob es sich um 100 oder 100.000 DM handelt“. Hauptsache, es wird mehr. Und Nachhilfe auf diesem Gebiet tut bitter not, so die AutorInnen Barbara Steynberger-Frey und Rainer Metz. Denn von dem enormen Schotterberg fällt bislang nur ein vergleichsweise mickriger Zinsertrag ab: 154 Milliarden waren es im letzten Jahr, mithin gerade mal 3,9 Prozent. Diese eher magere Rendite hat ihre Ursache darin, daß die Deutschen ihr Geld zwar fleißig, aber auf eher konservative Art mittels Sparbuch horten; weitgehend krisensicher, aber wenig ertragreich. Daß es auch andere Methoden gibt, die weitaus mehr Gewinn abwerfen und trotzdem nicht nur von gewieften Finanzjongleuren beherrscht werden, will das Buch dem Leser näherbringen. Es tut dies auf fast 400 großformatigen Seiten, Schritt für Schritt und in verständlicher Sprache. Die einzelnen Kapitel widmen sich den beliebtesten Methoden der Geldvermehrung vom Sparbrief über die Spekulation mit Edelmetallen bis hin zu den Untiefen des „grauen“ Kapitalmarkts. Auch über „Gewinne mit Moral“ durch mehr oder minder „alternative“ Geldanlagen gibt es eine Abhandlung, die lobenswerterweise auch auf den gerade in diesem Bereich weit verbreiteten Etikettenschwindel hinweist. Jeder Abschnitt ist mit einem eigenen Inhaltsverzeichnis der Unterkapitel versehen, so daß die privaten AnlageberaterInnen in eigener Sache sich schon nach kurzer Suche wieder dem Ausrechnen ihrer Gewinnchancen widmen können. Ein praktisches Handbuch im besten Sinne des Wortes eben.

Zur guten Lesbarkeit auch für Laien – und die sind ja schließlich die Hauptzielgruppe – tragen nicht nur die Illustrationen (von Detlev Surrey) und die zahlreichen übersichtlichen Tabellen bei, sondern auch die sehr bodenständige Herangehensweise der AutorInnen. Die Frage, was für Otto und Ottilie NormalverbraucherIn interessant und machbar ist, steht stets im Vordergrund. Als Gegenleistung für diese begrüßenswerte Anschaulichkeit müssen wir uns zwar unter anderem darüber belehren lassen, daß „Familienväter“ die Zukunft ihrer Lieben sichern und deshalb „nicht nur die größere Wohnung samt neuer Einrichtung, sondern oftmals auch ein komfortableres Auto“ heranschaffen müssen – aber daran braucht sich ja niemand gebunden zu fühlen. Schließlich ist es unser Geld. Jochen Siemer

Stiftung Warentest (Hrsg. und Verlag): „Handbuch Geldanlage“. Berlin 1994, 397 S., 48 DM. Postfach 81 06 60, 70532 Stuttgart.

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