: Castor muß warten
Die Anti-AKW-Bewegung bereitet Blockaden vor, doch nach wie vor ist der Atommülltransport nach Gorleben nicht genehmigt ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Hannover (taz) – „Das Wendland macht dicht“: AKW-Gegner bereiten sich wieder auf Blockaden gegen den Transport von hochradioaktivem Müll nach Gorleben vor. Verschiedene Widerstandsgruppen, die ihre Aktionen unabhängig voneinander geplant haben und diese „individuell gestalten“ werden, wollen den Landkreis an mehreren Stellen abschotten. Die Bürgerinitiative Lüchow- Dannenberg, die diesmal über die Aktionen des zivilen Ungehorsams nur informiert, wird die Blockadepunkte erst am heutigen Morgen bekanntgeben. Die AKW- Gegner, die gegen den geplanten Transport des Brennelementbehälters Castor auf die Straße gehen, hoffen auf Unterstützung aus der ganzen Bundesrepublik. Die Bürgerinitiative stellt sich zur Zeit auf die vierte Novemberwoche als Termin für die Ankunft des ersten Castors mit abgebrannten Brennstäben aus dem süddeutschen AKW Philippsburg ein.
Bloß: Bisher ist weder der Bahntransport noch die Einlagerung des Behälters genehmigt, dessen Beladung im AKW-Philippsburg von einer Kette von Pannen begleitet war. Auch das Verwaltungsgericht Lüneburg, das mit einem Eilantrag gegen die Einlagerung befaßt ist, hat noch kein grünes Licht gegeben. Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ist über einen Widerspruch gegen die Genehmigung für den Bahntransport bisher noch nicht entschieden worden.
Da von der Bahn AG die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung nicht beantragt worden sei, habe der Widerspruch tatsächlich aufschiebende Wirkung. Ein Sprecher der Deutschen Bahn AG in Frankfurt sagte gestern, der Transport stehe frühestens in der 47. Woche des Jahres an, also nach dem 21. November. Allerdings will das BfS demnächst über diesen Widerspruch entscheiden.
Das niedersächsische Umweltministerium bekräftigte gestern, daß man erst mit Ablauf der von Bundesumweltminister Klaus Töpfer per Weisung gesetzten Frist die Zustimmung zur Einlagerung erteilen werde: also wohl frühestens am 10. November. Das Innenministerium in Hannover geht davon aus, daß es anschließend noch vierzehn Tage Zeit bekommt, um sich auf einen konkreten Transporttermin vorzubereiten.
Vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg soll im Januar 1995 erstmals in der Hauptsache über die alte Einlagerungsgenehmigung aus dem Jahre 1983 verhandelt werden. Über den Eilantrag gegen den ersten Castor wollen die Richter aber in jedem Fall noch vor dem Transport entscheiden. „Vor vollendete Tatsachen werden wir uns nicht stellen lassen“, verkündete ein Sprecher des Gerichts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen