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Es klingt grotesk: Da wettern demokratische Kräfte immer wieder gegen die radikale Ausweisungspraxis in Hamburg – und im Abschiebeknast Glasmoor meutern Häftlinge, damit sie endlich abgeschoben werden.

Doch das ist nicht komisch und auch kein Anlaß zur Häme, sondern ein Trauerspiel, das zum Nachdenken Anlaß geben sollte. Sicher, die Männer, die gestern gewaltlos gegen ihre Lage protestierten, sind sicherlich keine politischen Flüchtlinge, auf die in der Heimat Folter und Mord wartet. Sondern es sind Menschen, die in Deutschland auf eine bessere Zukunft gehofft hatten. Dennoch ist es ihnen offenkundig lieber, schnell in das Elend des Heimatlandes zurückzukehren, als weiter in Glasmoor schmoren zu müssen.

Die Verantwortung an diesem Zustand trägt aber nur sekundär die Justizbehörde. Sicher ist sie für eine humane Unterbringung der Abgewiesenen verantwortlich. Doch die Schuld an der Misere liegt bei den Abschiebern in der Ausländerbehörde. Einerseits knasten sie Menschen ein, damit sie sie im Auge behalten und bei erster Gelegenheit ins Flugzeug setzen können. Andererseits sind sie über Monate nicht in der Lage, diese Menschen in ihr Heimatland zu bringen, weil die afrikanischen Staaten bei dem Abschiebeprozedere nicht mitspielen.

So ein Verhalten kann nur als unmenschlich bezeichnet werden. Darum: Wenn die Leute nicht abgeschoben werden können, müssen sie auf freien Fuß gesetzt werden. Im Knast – gar monatelang – haben sie nichts zu suchen. Kai von Appen

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