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Is Lurchi in the House?

■ „Die kleine Tierschau“ in Bremen: Rockkabarett der altbackenen Schoten und Zoten

Schon als die drei musikalischen Kaberettisten namens „Die kleine Tierschau“ am Freitagabend in Wohnwagenkostümen die „Modernes“-Bühne betraten, war eines klar: Sie wollten lustig sein, notfalls mit Gewalt. Daß sie derart verkleidet eine deutsche Fassung von „Caravan of Love“ (mit „Seid ihr fertig?“ anstatt „Are you ready?“) spielten, hatte noch einen Hauch von wirklicher Komik, aber der ging beim allgemeinen Gejohle ob der Kostümierung bereits unter. Danach war die wirkliche Komik dünn gesät. Während die Dekoration im Rummelplatzstil so beeindruckend funkelte und blinkte, als hätten „Pink Floyd“, ein Fahrgeschäft auf der Dorfkirmes aufgemacht, kamen leider auch die dargebotenen Zoten und Schoten so abgegriffen wie das Animationsgeschrei von Freimarktslosverkäufern daher.

Nicht mal vor Blondinenwitzen der allerersten Stunde schreckte das tierische Trio zu- rück. Die Veralberungen von u. a. Lou Reeds „Walk on the Wild Side“ und „Goodnite Ladies“ waren eher schmalbrüstige Cover-Versionen denn wirkliche Parodien und reizten mehr zum baldigen Nochmalhören der Originale als zum Lachen. Ebenso fehlte dem furchtbaren Rock-Stampfer „Black Betty“ jedes dringend not- wendige Fünkchen Ironie, was wildes Mitklatschen anregte. Wie überhaupt jeder noch so kurze Gitarrenanschlag gnadenlos mitgeklatscht wurde.

Die Sketche verdeutlichten, daß „Die kleine Tierschau“ offenbar die erste Regel der schauspielerischen Komik nicht gelernt hat: Wenn man etwas Komisches sagt, darf man dabei nicht komisch gucken oder aussehen. So hätten einige endlose Aneinanderreihungen von bewußt scheußlichen Kalauern durchaus witzig wirken können, wenn das Trio trockener aufgetreten wäre und nicht jede vermeintliche Pointe mit lustigen Gesten, lustigen Fratzen, lustigen Frisuren und lustigen Verkleidungen unterstrichen hätte.

Einiges funktionierte dann aber doch. Stagediving im Schlauchboot z. B. ist eine hervorragende Idee und hat hervorragend geklappt. Da mußte das Publikum mal richtig mit anpacken für sein Eintrittsgeld. Auch das Wett-Stagediving, welcher von zwei Kaberettisten am schnellsten von der Bühne über die ausgestreckten Zuschauerlnnenhände zum anderen Ende des Saals robben konnte, war eine anerkennungswürdige Gaudi. Einer nicht ganz freiwilligen Zuschauerin blieb es nicht erspart, ein überdimensionales Ku scheltier zu gewinnen, das sie vermutlich nur mit Mühe durch die „Modernes“ Türen bugsieren konnte. Ebenfalls wußte zu gefallen, daß die drei Spaßmacher die Werbefiguren eines bekannten Schuhherstellers – Lurchi und seine Freunde – als Rap-Posse inszenierten. Und das Geisterbahn- ambiente für das finale „Modern Talking“-Medley war trefflich gewählt.

Leider machten aber derlei Highlights nur einen winzigen Teil des ansonsten lärmenden, uninspirierten Programms aus. Ein Steptanz auf Pauken sowie ein wahnwitzig schnelles Evergreen-Medley deuteten zwar an, daß „Die kleine Tierschau“ musikalisch etwas auf dem Kasten hat. Aber die Scherze, die in solche Einlagen eingebettet waren, blieben erbärmlich. Andreas Neuenkirchen

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