: Politisch korrekter Segen für Soldaten
■ Evangelische Synode will heute die Reform der Militärseelsorge beschließen
Berlin/Halle (taz) – Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird sich auf ihrer Synode in Halle heute für eine grundsätzliche Reform der Militärseelsorge aussprechen. Dies prognostizieren zumindest EKD-Pressesprecher Peter Kolmar und Karl Martin, Vorsitzender des evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Vereins, der sich für den „Gelöbnisverzicht“ von Soldaten und deren Recht auf „situative Kriegsdienstverweigerung“ einsetzt. Wie Kolmar der taz sagte, habe sich sowohl die Mehrheit der 24 evangelischen Landeskirchen als auch der Rat der EKD, das höchste Gremium zwischen den Synoden, für die Reform nach „Modell B“ ausgesprochen. Es sieht vor, den Status der 130 evangelischen Militärpfarrer als Bundesbeamte aufzuheben und das Kirchenamt für die Bundeswehr statt dem Bundesverteidigungsministerium der Kirchenzentrale zu unterstellen. Damit soll die Arbeit der Militärpfarrer wieder stärker im Kontext der Kirchengemeinden statt innerhalb der Kasernen ablaufen.
Um die Militärseelsorge gibt es seit der Wiedervereinigung im Jahre 1990 Streit innerhalb der EKD. In der DDR hatte es keine Militärseelsorger gegeben. Darum wollten die pazifistischen östlichen Kirchengliederungen („Schwerter zu Pflugscharen“) den staatsnahen bundesdeutschen Militärseelsorgevertrag von 1957 nicht einfach übernehmen. Die Kritikpunkte der Reformer: Die bisherige Militärseelsorge sei „weitgehend konform mit der Sicherheitspolitik der Bundesregierung und angepaßt an das Militärische“ verlaufen. „Ethische Konflikte der Soldaten“ seien verschwiegen und „kritische Militärpfarrer aussortiert“ worden.
Über den Umfang der Änderungen wird nun seit vier Jahren diskutiert: Während das weitreichende „Modell B“ die Herauslösung der Soldatenseelsorge aus der militärischen Hierachie vorsieht, soll „Modell A“ nur für kleine Korrekturen innerhalb des Vertrages von 1957 sorgen. Sämtliche östlichen Landeskirchen und eine starke Minderheit der westlichen Gliedkirchen befürworten „Modell B“. Dagegen sehen zum Beispiel mitgliederstarke Landeskirchen wie Bayern, Hannover und Württemberg keinen Änderungsbedarf. Auch eine Unterschriftenaktion von rund 63.000 Bundeswehrsoldaten setzt sich für den Status quo ein. Der Chef des Bonhoeffer-Vereins, Karl Martin, rechnet mit einer Reformentscheidung der Synode. Allerdings kritisiert er, daß für die Diskussion über die Militärseelsorge nur zwei Stunden angesetzt sind. Damit solle das Thema „heruntergespielt werden“. Doch selbst wenn die Synode die Entscheidung vertagen würde (Moratorium), so Martin, sei durch die „Signalwirkung“ der Debatte die Reform unausweichlich. Auch andere Beobachter geben dem Moratorium unter Hinweis auf die schon zu lange währende „Nabelschau“ keine großen Chancen. Hans-Hermann Kotte
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