piwik no script img

„Ich wollte ihn nur vertreiben“

■ Eifersüchtiger Mann ballerte in der City auf seinen Nebenbuhler

Was verbirgt sich eigentlich hinter den kleinen Zeitungsmeldungen über Eifersuchtsdramen? Juri F., muß sich vor dem Schwurgericht verantworten. Der deutsche Sohn einer ukrainischen Mutter griff im September letzten Jahres zur Pistole, als das Objekt seiner Eifersucht auf dem Weg zur Wohnung seiner Freundin war. Mitten der Pieperstraße. Dann schoß er, laut eigener Aussage zwei mal gezielt daneben, um ihm Angst einzujagen. Dann bekam er jedoch selbst Angst, nachdem sein Opfer unverletzt weggerannt ist, rannte auch Juri F. Unterwegs warf er die Pistole in einen Mülleimer. Er verkroch sich für einige Tage, und stellte sich schließlich der Polizei, die ihn für einige Wochen in den Knast brachte. Im Dezember kam er wieder auf freien Fuß. Mit seiner Freundin ist er noch immer zusammen.

Warum nur hat er das getan - das fragt sich jetzt Richterin Hilke Robrecht samt ihrer BeisitzerInnen im Bremer Landgericht. Und Juri F. erzählt: 1990 pflegte er stets Mittag zu essen im Lokal „Derby“. Da war Senija P. Bedienung: „Eine ganz tolle Frau. Ich habe mich in sie verliebt“, sagt er. Das beruhte durchaus auf GegenseitigkeitJuri F. zog mit seiner Liebsten in eine Derizimmerwohnung in der Pieperstraße. Nach und nach kam ihre Verwandschaft aus Bosnien zu ihnen in die Wohnung, zuerst die Tochter von Senija P., die bald darauf ein Baby bekam, dann ihr Sohn, und zwei Kinder ihrer Schwester, dann die Mutter und weitere Schwestern. Eines Tages wohnten sie dort zu zwölft. „War das nicht sehr voll?“ wollte Richterin Robrecht wissen? „Ja, aber das hat mir nichts ausgemacht, die sind alle lieb“, meinte Juri F.. Nur gekommen sei er zu nichts mehr. Daraufhin habe er sich im Frühjahr 1993 in ein kleines Appartement eines Freundes einquartiert. Dort habe ihn seine Freundin regelmäßig besucht, und auch er habe die Familie besucht.

Senija P. bekam einen Job im Hotel von Mustafa S.. Zunächst habe sich Juri F. nichts dabei gedacht, als er Mustafa S. auch mal am Familientisch angetroffen habe. Doch als Senijas Besuche immer seltener wurden, wurde er argwöhnisch. Und als sie im Krankenhaus lag und von Mustafa S. besucht wurde, sprach er ihn auf dem Krankenhausflur an. Er solle seine Frau in Ruhe lassen. „Er sagte, ob ich die Kugel spüren wollte. Das habe ich ernst genommen“, sagte Juri F. und besorgte sich im Steintor eine Pistole zum Schutz.

Als Senija P. nach nur wenigen Tagen entlassen war, wollte sie wieder arbeiten. Mustafa S. wollte sie abholen, und Juri F. wurde aus seiner der Familienwohnung herausgebeten, damit es keinen Ärger gibt. „Dann saß ich auf der Treppe und habe geheult, ich war fertig mit den Nerven“, sagt Juri F.. In dem Moment kam Mustafa S.: „Eine Hand in der Hosentasche, so wie einer, der Wut hat.“ Juri F. holte die Pistole heraus, zielte mit beiden Händen: „Ich wollte ihn vertreiben und erschrecken.“

Soweit die Sichtweise von Juri F.. Mustafa S. hingegen will überhaupt keine Beziehung mit Senija P. gehabt haben. Viel mehr bekam das Gericht allerdings nicht aus ihm heraus. „Ich geb's auf“, stöhnte Richterin Robrecht, nachdem er das Geschehen am Tag der Tat mal so, und mal so schilderte. „Haben sie Küßchen ausgetauscht“, fragte einer der Beisitzer. Ja, und nein, denn auch die waren nur so ganz normal, wie das in der Türkei halt freundlich gemeint ist.

In drei weiteren Verhandlungstagen soll noch Senija P. und ihre weitere Verwandtschaft gehört werden. vivA

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen