■ Die Frauenquote bei der CDU und bei der taz: Nur wenige Femms bis zum Sieg
Schon etwas von Femm gehört? Femm entspricht einem Zeitraum von ungefähr 15 Jahren und ist, wie die Bundesanstalt für das Eichungswesen gestern in einer Pressemitteilung bekanntgab, die neue Maßeinheit für Kulturrevolutionen. Damit kann nun europaweit einheitlich gemessen werden, wie lange eine neue Idee von ihrer Entstehung bis zur breiten gesellschaftlichen Akzeptanz braucht. Ziemlich genau einem Femm entspricht auch der Zeitraum, den die Frauenquote – weiland von der taz und dann auch anderen Betrieben der revolutionären feministischen Avantgarde eingeführt – bis zu ihrer jetzigen Durchsetzung bei der CDU benötigte. Meilenweit hört frau nun das Zähneklappern bei der christdemokratischen Männerriege. Wann wird Rita Süssmuth Bundeskanzlerin? Wann erleben wir eine Bundespräsidentin Ursula Männle? fragen sich zittrige Herren im Flüsterton.
Alles nur noch eine Frage von wenigen Femms, können wir diesen Herren aus unserem reichhaltigen Erfahrungsschatz bestätigen. Als einziges Medium weit und breit ist die taz seit 15 Jahren in allen Abteilungen voll quotiert. Die Säzzerinnen kommen jeden Morgen mit einem Korb voll frischgepflückter großer „I“ zu ihrem Arbeitsplatz und streuen diese mit neckischer Geste in die Texte, und die Redakteurinnen feiern das schöne Quotenleben in regelmäßigen Abständen unter Absingen obszöner Lieder aus dem Geschlechterkampf. Fürwahr: eine ganze Frau im fünfköpfigen taz-Vorstand! Ein Frauenfreund in der Chefredaktion! Von acht Ressortleitern zwei Frauen! Von zwei Chefs vom Dienst null Frau! Besonders beeindruckend ist die Themenaufteilung: Für Hardcore, also hohe Politik, Analyse und knallharte Recherche, sind bis auf eine Frau unsere Mannen im Ressort „Inland I“ zuständig (taz-interner Name: „Inland ohne großes „I“), während die Software, sprich Soziales, Reportagen, Menschliches und Allzumenschliches, von den wackeren Weibern von „Inland II“ (Inland mit großem „I“) geliefert wird. Umsichtigerweise leitet ein Mann dieses Ressort, weil dort sonst das weibliche Element überhandnehmen würde.
Aber nein, nicht doch, liebe Frau Feministin, lieber Herr Feminist, die Sie gerade die taz lesen, bitte werfen Sie die arme Zeitung jetzt nicht wütend in Ihr solarunterstütztes Blockheizkraftwerk! Ich schwöre Ihnen, es gibt keine Geheimtreffen, in denen sich die taz-Männer gegenseitig die Posten zuschieben und sich ewigen Beistand schwören. Zwar werden wie überall auch mal Kandidatinnen „übersehen“ und Frauenthemen „vergessen“, aber viele Frauen bei uns wollen einfach keine Chefs werden. Ob frau das nun als falsche Selbstbescheidung geißelt oder verständlich findet: es ist ihnen einfach zu anstrengend, zu doof, zu eitel, sich einen Titel umzuhängen und anderen Anweisungen zu erteilen.
Aber bitte, sagen Sie es nicht der CDU weiter! Sonst dauert es noch mal fünfundsiebzig Femms bis zum feministischen Endsieg. Ute Scheub
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