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SanssouciVorschlag

■ Kunst von Alexander Sokolow in der Humboldt-Galerie

Zum 5. Jahrestag des Mauerfalls wollte das „globale Projekt ,Jenseits der Mauer‘“ der studentischen Projektgruppe „Kleine Humboldt-Galerie“ in Berlin und anderswo Sinnstiftendes zu Fragen „kultureller Neuorientierung auf der Achse Berlin–Moskau“ beitragen. Das Projekt tragen Künstler und Kunstphilosophen aus Deutschland und Rußland. Das knappe Budget allerdings bewahrte die Idee vor der globalen Umsetzung. Geblieben sind drei Ausstellungsorte: Das Projekt „Made in Berlin. Gedanken zum 9. November“ des russischen Künstlers Alexander Sokolow in der Humboldt-Galerie und sein Pendant in Leverkusen. Als dritte zeigt die Galerie Parzifal in Mitte weitere Werke der russischen Künstler. Dazu gibt's noch einen Textband mit einigen schwerblütigen kunsttheoretischen Essays und Beschreibungen der unvollendet gebliebenen Projekte. Die Kleine Humboldt- Galerie ist eigentlich ein reizvoller Ausstellungsort, stellt aber einige Anforderungen ans gestalterische Können der Veranstalter, um trotz der Lage in einem Seitengang des Rechenzentrums eine optische Lesbarkeit der Bilder zu erreichen. Bei Sokolow ist das nicht gelungen. Links und rechts im Gang hängen sich seine kleinformatigen Ost- und West-Ansichten Berlins gegenüber. Sokolow wählte Orte mit Symbolwert, wie ein Stück alten Mauerstreifen, die Gedächtniskirche oder den Alexanderplatz mit Fernsehturm. Sechs Blicke von Westen hinüber und drei zurück. Das 10. Bild der Reihe heißt „Ewige Ruhe“ und zeigt nur noch die Spitze einer uniformierten Mütze mit aufgepflanztem Gewehr. Auf den anderen neun sind vor wechselnder Stadtkulisse schwarze Greifvögel plaziert, um so die Illusion einer gläsernen Trennwand zwischen Betrachter und Stadt, hüben und drüben, zu erzeugen. Der Mittelgang der Galerie quasi als transparente Grenze. Am Ende des Flures dann drei großformatige Leinwände, „Raub der Europa“, „Minos oder Minotauros“ und „Pasiphae mit dem Stier“, beidseitig gerahmt von einer Texttafel mit dem griechischen Mythos. Auch hier wieder eine ebenso vage wie überspannte Symbolik: „Minos oder Minotauros“ zeigt die Topographie eines (geteilten) Deutschlands. Links die kniende Frau als „Vertreterin des Westens, als personifiziertes Chaos und Unrecht“. Und rechts für den Osten, heißt für das „männliche Prinzip, Ordnung, Recht und Tradition“ ein Dutzend weißer Stierköpfe. Wem das noch nicht genug ist, der mag selbst einen Blick hineinwerfen. Julia von Trotha

„Made in Berlin“, Kleine Humboldt-Galerie, Unter den Linden 6, Berlin-Mitte, bis zum 25.11.

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