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Denkorte gegen das Vergessen

Bausenator Nagel stellt Dokumentation zu Mahnmalen vor / Wettbewerb zum Holocaust-Mahnmal wird im Frühjahr entschieden / Steit um Standort für Sinti-und-Roma-Denkmal  ■ Von Rolf Lautenschläger

Die Konfrontation mit der eigenen Geschichte zwischen 1933 und 1945 und der Mut zur Scham ist uns Deutschen noch nie leichtgefallen. Fast fünfzig Jahre mußte es dauern, um in Berlin das Bewußtsein für Mahnmale im öffentlichen Raum gegen den Nazi-Terror zu schärfen. Die „Denk-Orte“ und künstlerischen Auseinandersetzungen in unterschiedlichen Bildsprachen, die in den vergangenen zwei Jahren geplant und realisiert werden konnten, hätten jedoch die Diskussion über die Art und Weise der Mahnmale und ihrer Funktionen erweitert, meint die Historikerin Stefanie Endlich. Durch diese Denkmäler werde nicht nur ein Datum ins öffentliche Gedächtnis zurückgeholt oder mit Emotionen der Schreckensorte gedacht. Vielmehr seien im künstlerischen Spannungsfeld Interpretationsvorhaben entstanden, die zugleich Sinnbilder und Dokumentation, Kunst und Aufklärung darstellten.

Insbesondere acht neuere Gedenk-Orte sind – nach zum Teil beschämendem politischem Gezänk – zu „Zeichen gegen das Vergessen und zu besonderen Schwerpunkten der Kunst im Stadtraum geworden“, so Bausenator Wolfgang Nagel, in dessen Haus nun eine Dokumentation mit dem Titel: „Kunst im Stadtraum: Denkmäler. Gedächtnis in Wort, Stein, Licht und Leere“ erarbeitet worden ist. Zu den „Erinnerungszeichen“ zählen das Mahnmal Bahnhof Grunewald von Karol Broniatowki, dessen 18 Meter langer Betonblock mit gespenstisch eingeschnittenen Figuren die Deportation der Berliner Juden thematisiert.

Die Zeit des faschistischen Terrors an der Berliner Bevölkerung, aber auch deren Widerstand stellen das Mahnmal KZ-Außenlager Sonnenallee von Norbert Rademacher, die Steglitzer Spiegelwand oder das Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz von Micha Ullman sowie die Skulpturen „Protest der Frauen in der Rosenstraße“ von Ingeborg Hunzinger dar. Sie arbeiten mit stillen Chiffren, die den authentischen Ort bewußt machen. Als Zentrum des Gedenkens und der Aufklärung hebt sich dabei der Entwurf von Peter Zumthor für das frühere Prinz-Albrecht-Gelände „Topographie des Terrors“ heraus, indem er als begehbare Skulptur einen Kunst- und Nutzort zugleich bildet.

Zum Gedenken an den Holocaust und zur Mahnung angesichts neuer rassistischer Gewalttaten sollen in Berlin noch zwei große Gedenk-Ort-Vorhaben entstehen: das Denkmal für die ermordeten Juden Europas und ein Holocaust- Mahnmal für die Sinti und Roma. Während das Denkmal für die ermordeten Juden in einem Wettbewerbsverfahren mit Künstlern, Architekten und Planern im Frühjahr entschieden wird – bis dato haben bereits über 1.000 Interessenten fast 600 Vorschläge eingereicht, sagt Nagel –, ist sich der Berliner Senat noch uneins bei dem Sinti- Roma-Standort.

Nach Ansicht des Bausenators sowie von Kultursenator Ulrich Roloff-Momin soll auf dem 6.500 Quadratmeter großen Gelände südlich des Reichstags an den Völkermord an den Sinti und Roma erinnert werden. Diesen Standpunkt unterstützen die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth ebenso wie der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. Dieser „würdige und adäquate Ort in Verbindung mit dem Areal für das jüdische Denkmal“, so Nagel, werde auch von Romani Rose, Vorsitzender der deutschen Sinti und Roma, gutgeheißen. Doch kein Denkmal ohne Denkmalstreit: So hat Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer zwar nichts gegen ein Sinti- und-Roma-Denkmal. Doch der Standort mißfällt ihm. Die Fläche sei zu klein, außerdem müßten zu viele Bäume vor Ort gefällt werden. Hassemer plädiert statt dessen für einen Platz westlich der Kongreßhalle im Tiergarten oder am Goethe-Denkmal an der Ebertstraße.

Die Broschüre „Kunst im Stadtraum“ ist in der Senatsbauverwaltung erhältlich und kostet 20 DM.

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