: Strukturplan abgelehnt
■ TU-Präsident Schumann zum Rücktritt aufgefordert / FU und HU fühlen sich von TU-Alleingang überrumpelt
Der Akademische Senat (AS) der Technischen Universität (TU) hat Präsident Dieter Schumann dazu aufgefordert, seinen Vorschlag für einen Strukturplan zurückzunehmen. Nach dem Papier soll sich die TU künftig auf ihren ingenieurwissenschaftlichen „Kernbereich“ konzentrieren und die geistes- und sozialwissenschaftliche „Peripherie“ amputieren. Bei nur einer Gegenstimme und drei Enthaltungen mißbilligten Reformfraktion und Konservative sowohl das Vorgehen des Präsidenten, vor der Beratung in den Gremien an die Öffentlichkeit zu gehen, als auch den Inhalt.
Schumann ging nach der Abstimmung mit keinem Wort auf mögliche Konsequenzen ein. Daß sein Papier im AS nicht mehrheitsfähig ist, wußte er nach allgemeiner Einschätzung der SenatorInnen von Anfang an. Mit seinem Gang an die Presse habe er die Universität von außen unter Druck gesetzt, sagte der Literaturwissenschaftler Norbert Miller: „Wenn wir heute Ihren Plan ablehnen, wird es keine Funktion haben.“ Horst Nowackiy vom Institut für Schiffs- und Meerestechnik, das Schumann auflösen möchte, kritisierte die „Preisgabe von Verhandlungspositionen und die Gefährdung der Kooperationsbasis mit anderen Hochschulen“.
Unterdessen forderte die Vollversammlung der Studierenden Schumann „zwecks Begrenzung des für die TU entstandenen Schadens zum sofortigen Rücktritt auf“. Auch der Dekan des Fachbereichs Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften, Ulf Preuss- Lausitz, sagte im AS, der entstandene Schaden könne „nur geheilt werden, wenn der Präsident zurücktritt“. Der Landschaftsarchitekt Hartmut Kennewig bewertete Schumanns Vorgehen so: „Der Präsident ist amtsmüde, er schreibt sein politisches Testament.“
Auch die beiden anderen Berliner Universitäten kritisierten das Vorpreschen Schumanns. „Das war ein völliger Alleingang, das finden wir nicht gut“, sagte HU- Sprecherin Susann Morgner der taz. Im Kooperationsbeirat müsse nun geprüft werden, welche Auswirkungen der Plan für die anderen Hochschulen habe. FU-Sprecher Christian Walther sprach zwar von einem „mutigen Papier“, aber „wir sehen mit Sorge, daß die TU sich von Bereichen trennen will, deren Personal und Studenten auf andere Hochschulen übertragen werden“. Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) dagegen hält das Schumann-Papier nach wie vor für „einen mutigen und respektablen Schritt“.
Die Studierenden setzen schon längst keine Hoffnung mehr in die Politik. Sie verabschiedeten einen offenen Brief an die Königin von England, in dem sie an die Eröffnungsrede des britischen Stadtkommandanten von 1946 erinnerten. „Wir bitten Sie, auch nach dem Abzug Ihrer Truppen ein wachendes Auge auf die Entscheidungsträger dieser Stadt zu haben“, heißt es darin. Ralph Bollmann
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