Allein unter Kickern

■ Frauen sind anders: Die frisch lizensierte Fußball-Lehrerin Monika Staab spricht über geschlechtsspezifisch unterschiedliche Philosophien vom Sport, Regenbögen und Teamgeist

Monika Staab (35) trainiert seit zwei Jahren den Frauen-Bundesligisten SG Praunheim-Frankfurt, wo sie vorher acht Jahre selber spielte. Davor war die gelernte Hotelkauffrau sechs Jahre lang im Ausland und kickte bei den Queens Park Rangers London, dem FC Southampton und St. Germain Paris. Nun hat sie an der Sporthochschule in Köln allein unter Schumachern und Briegeln ihren Trainerschein gemacht und ist damit Deutschlands vierte Fußball-Lehrerin. „Frauen“, sagt sie über geschlechtsspezifische Unterschiede in der Herangehensweise an den Sport, „sind ehrgeiziger“ und haben „mehr Teamgeist“, Männer „kämpfen jeder für sich“.

taz: Sie waren sechs Monate allein unter Männern. Was war am auffälligsten?

Monika Staab: Ich bin da in eine Männerwelt geraten, die ich in der Form nicht kannte. Die Welt der Profis, das war sehr interessant.

Es klingt etwas befremdet, wie Sie das sagen.

Die Art und Weise, wie Männer miteinander umgehen, wurde mir sehr deutlich. Frauen schätzen viel mehr, was die andere kann. Wir müssen uns untereinander nicht profilieren. Männer müssen demonstrieren, wer der Stärkere zu sein hat. Wer hat mehr Erfahrung? Wer hat mehr Länderspiele?

Also wird in so einem Trainerkurs zwischen Hans-Peter Briegel und Toni Schumacher und Monika Staab sehr schnell eine Hackordnung festgelegt?

Auf jeden Fall. Toni Schumacher hat von vornherein seinen Status gehabt. Ich will das gar nicht genauer ausführen, aber dieser Status war ganz entscheidend.

Und Sie als einzige Frau waren die Exotin?

Ich hatte einen Sonderstatus, vielleicht auch einen gewissen Bonus. Aber das wußte ich auch einzuschätzen. Letztendlich haben sie mich eigentlich gar nicht so wahrgenommen. Sie waren halt sehr mit sich beschäftigt und damit, ihren Abschluß zu machen.

Inwiefern liegen zwischen Männern und Frauen Fußballwelten?

Der wesentliche Unterschied ist, mit welcher Sensibilität Frauen auf Dinge reagieren. Sie bekommen von dem mehr mit, was drumherum passiert. Wenn abends beim Training ein Regenbogen aufgeht, dann registrieren Frauen das und Männer nicht. Es ist eine Faszination bei den Frauen da, daß sich was verändert hat.

Hm, das klingt aber sehr idyllisch.

Auf der anderen Seite sind Frauen ehrgeiziger. Wenn sie sich ein Ziel gesetzt haben, geben sie alles dafür. Wir haben Spielerinnen, die über 100 Kilometer zum Training fahren müssen, obwohl es kaum eine finanzielle Entschädigung gibt. Die engagieren sich unheimlich.

Nachdem Sie bei Jupp Heynckes in Frankfurt hospitiert haben, würden Sie also sagen, daß Ihre Spielerinnen bei der SG Praunheim ehrgeiziger sind als Profis der Eintracht?

Das kann man fast so stehenlassen. Frauen sind dann ehrgeiziger, wenn sie ein Ziel haben. Bei uns müssen alle Spielerinnen noch arbeiten. Teilweise als Gärtnerin oder Schreinerin auch körperlich, richtig malochen. Und abends gehen sie nochmal eineinhalb Stunden ran. Da ist viel Teamgeist und Gemeinschaftssinn dabei. Bei den Männern habe ich eher mitbekommen, daß jeder für sich kämpft.

Weil das deren Beruf ist...

Auch wenn wir uns mit Amateurspielern vergleichen, was ja auch eher paßt. Wir Frauen haben beim Fußball eine andere Mentalität. Frauen spielen mehr, wir suchen immer die besser postierte Mitspielerin. Der Mann sieht in so einer Situation vielleicht eher sich und geht mit dem Kopf durch die Wand, anstatt zu spielen. Deshalb finde ich auch die immer wieder gemachte Behauptung falsch, daß Frauenfußball nicht so ästhetisch ist. Das ist nicht so athletisch und dynamisch, aber vielleicht schöner anzuschauen.

Womit haben Sie in Ihren Frauschaften am meisten zu kämpfen?

Frauen können untereinander sehr zerfleischend sein. Männer schreien sich auf dem Platz an, gehen dann ein Bier trinken, und die Sache ist vergessen. Wir nehmen das mit. Deshalb schleppt man Konflikte innerhalb der Mannschaft viel länger mit sich herum, und sie haben viel größere Auswirkungen. Frauen finden es häufig schwierig, sich auszusprechen, weil sie das nicht gelernt haben. Bei uns ist das vor Jahren einmal soweit eskaliert, daß sich auf einen Schlag zwanzig Frauen vom Verein abgemeldet haben. Da waren hinterher noch sieben Spielerinnen übrig. Das war für mich eine prägende Erfahrung.

Das Gespräch führte Christoph Biermann