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Zeigt schwarze Flagge!

Hi-Hi-Hilfe: Eine Knatter-Kugel aus Kerpen möchte morgen in Australien für Deutschland zur Weltmeisterschaft reiten  ■ Eine Gegenrede von Bernd Müllender

Man müßte mal einen verdienten Historiker mit der Frage beauftragen, warum eigentlich so etwas Abschreckendes, Abstoßendes, schlechthin Perverses wie Autorennen zum Sport gerechnet wird. Einen Verkehrsfachmann fragen, warum diese flachgedrückten Leichtmetallschalen mit den Höllenaggregaten und vier Gummiwülsten an den Ecken überhaupt noch Autos heißen. Überhaupt: Autorennen! Ein Biologe könnte sagen, wieso mit diesen Geschossen um nichtwahrnehmbare Tausendstel Sekunden Unterschied gerannt werden soll wie bei Menschen oder Pferden. Und ein Augenoptiker muß klären, ob er eine Sehhilfe weiß, mit der man, ob live oder am Bildschirm, diese Kugelköpfe unterscheiden kann, die aus den Formel-1-Bodenbodenraketen oben herausgucken. Eine dieser Kugeln heißt Schumi, reitet für Deutschland und will morgen im australischen Adelaide Weltmeister werden.

Psychologen können sicher erklären, warum Millionen Menschen den irrsinnigen Rausch des Rasens gut finden und ständig und zunehmend und immer dreister auf deutschen Autobahnen nachzustellen versuchen mit ihren Mantas und Jettas, daß es einen graust. Alle lieben Schummel- Schumi, das lebendige Positivimage aus Fleisch und Blut. Nie wurde ein deutscher Sportler systematischer vermarktet, gepuscht, aufgebaut, ausgequetscht. Schumacher kann Champion werden, weil ein wahrscheinlich besserer Kollege, Ayrton Senna, kürzlich einmal nicht im Kreis, sondern geradeaus fuhr. Weil er, Schumacher, mit Benetton für einen „Rennstall“ rast, der besonders viel Geld hat und besonders wenig Skrupel.

Schumacher nachher an der Champagnerspritze: Erstmalig käme der Champion aus dem Land, in dem sie dereinst die teuflischen Knatter- und Stinkmaschinen erfunden haben. Und Schumacher hat alle Chancen auf seiner Seite. Einer aktuellen, großen dpa- Statistik zufolge ist sein Lieblingsgetränk die Apfelsaftschorle, Konkurrent Damon Hill lobpreist die Milch. Und mit seinem Lieblingsessen „tradit. englische Küche“ hat sich Hill selbst disqualifiziert. Schwarze Flagge! Zur Strafe Boliden schieben.

Freuen wir uns auf die Zielfahne von Adelaide. Denn danach ist Pause. Dann wird neuen anonymen Kugelsportlern Platz gemacht: den Skirennläufern und ihrer kaum weniger absurden Tausendstelhatz, wo sie sich nicht an Betonmauern umbringen, sondern, wie letztwintrig Ulrike Maier, ausgerechnet an Zeitmeßmaschinen das Zeitliche segnen. Sollen die doch mal tauschen, zum postmodernen Zweikampf: Die schief gebückten High-Tech-Overalls mit der Kopfkugel wedeln die 1.000 Kilometer von Le Mans lang und die PS-Heroen zeigen, wie sie in ihren sensiblen Monstermaschinen mit einer Buckelpiste fertig werden. Abwegig, albern? Nicht mehr als die realen Disziplinen.

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