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Krach in Polens Regierungskoalition

■ Verteidigungsminister auf Druck von Präsident Walesa entlassen / Nächste Woche Krisensitzung der Koalition

Warschau (taz) – Gerade zwei Tage vorher hatte der Untersuchungsausschuß des polnischen Parlaments ihm bestätigt, sich in der Generalsaffäre korrekt verhalten zu haben, da kam doch das Aus für Verteidigungsminister Piotr Kolodziejczyk: Gestern wurde er von Premier Pawlak entlassen.

Kolodziejczyk war in die Schlagzeilen geraten, nachdem die Presse Details einer Besprechung zwischen dem Minister, Präsident Walesa und den Generälen des polnischen Generalstabs veröffentlicht hatte, während der die Generäle ihrem Minister das Vertrauen entzogen hatten. Daraufhin hatte Walesa Kolodziejczyk zum Rücktritt aufgefordert. Dazu ist der Präsident laut Verfassung gar nicht berechtigt, und so trat das Parlament auf den Plan und warf Walesa vor, die Verfassungsordnung zu destabilisieren. Ein Untersuchungsausschuß wurde eingesetzt, der die Vorwürfe klären sollte. Der kam Mitte der Woche zum Schluß, daß es keinen Grund für eine Entlassung gebe.

Daß Walesa bei Premier Pawlak trotzdem den Rausschmiß Kolodziejczyks durchsetzen konnte, verdankt er der seit Wochen schwelenden Krise innerhalb der Koalition. Um sich gegen die Bauernpartei in der Regierung besser durchsetzen zu können, suchen die Sozialdemokraten bessere Kontakte zur oppositionellen Freiheitsunion der Ex-Premiers Mazowiecki und Suchocka. Pawlak seinerseits sucht die Annäherung an Walesa – und servierte ihm den Verteidigungsminister als Morgengabe. Kolodziejczyk wiederum gilt als Vertrauensmann der Sozialdemokraten, die nun entsprechend verärgert sind.

In der nächsten Woche, vor der Haushaltsdebatte, sollen sich die Koalitionsfraktionen zu einem Krisengipfel treffen. Klaus Bachmann

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