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„Schwarzer Samstag“ für Balladur und Chirac

■ Parteitag der Neugaullisten

Paris (AFP) – Sowohl der französische Premierminister Edouard Balladur als auch der Pariser Bürgermeister Jacques Chirac haben bei ihrem Wettlauf um die Präsidentschaftskandidatur der neogaullistischen RPR am Wochenende eine empfindliche Schlappe hinnehmen müssen. Balladur verlor durch die Serie von Korruptionsaffären am Samstag den dritten Minister innerhalb von vier Monaten. Der zu seinen Getreuen gehörende Entwicklungshilfeminister Michel Roussin mußte im Zusammenhang mit fingierten Rechnungen zurücktreten. Seinerseits kann Chirac seit einem RPR-Sonderparteitag am Samstag nicht mehr verbergen, daß die Neogaullisten- Bewegung, die er vor 18 Jahren gründete, von der Spaltung bedroht ist.

Chirac, der vor gut einer Woche seine Präsidentschaftskandidatur bekanntgab und damit Balladur zuvorkam, hatte sich von dem RPR-Treffen mit mehr als 2.000 Delegierten einen breiten Vertrauensbeweis als Bestätigung seiner Kandidatur erhofft. Doch zahlreiche Spitzenpolitiker blieben demonstrativ der Veranstaltung fern, darunter auch Balladur. Der Premierminister will sich zwar nicht vor Januar zu seinen Kandidaturabsichten äußern, ist aber inoffiziell längst in die Wahlkampfarena gestiegen. Bei Meinungsumfragen über die aussichtsreichsten Präsidentschaftsanwärter im rechten Lager liegt er trotz Punkteverlusten nach wie vor an der Spitze.

Den Sonderparteitag nutzte Chirac zu seiner bisher schärfsten Attacke gegen Balladur, den er noch vor Monaten als einen „Parteifreund seit 30 Jahren“ bezeichnet hatte. Durch die Häufung von Korruptionsfällen sei ein „ungesundes Klima“ entstanden, sagte Chirac. Um sich ganz dem Wahlkampf widmen zu können, gab er den RPR-Vorsitz an Außenminister Alain Juppé ab. Doch kaum jemand räumt Chirac echte Chancen ein, Balladur bei den Popularitätsumfragen bis zu den Wahlen im kommenden Frühjahr zu überholen.

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