: Wilde Rhythmik
■ „Ensemble Konfrontation“ in Hamburg
Besuch aus dem Osten bei dem Festival Fließende Grenzen, das nun schon im dritten Jahr die Grenzen zwischen den Musikgattungen aufhebt: Das Ensemble Konfrontation, bestehend aus Mitgliedern des Staatsorchesters Halle, will die Hörer in der Opera stabile „mit den unterschiedlichsten Handschriften der Neuen Musik konfrontieren“.
Alban Bergs Vier Stücke op. 5 für Klarinette und Klavier geben die Richtung für die erste Konzerthälfte an: Noch in der kleinen Form herrschen schwelgerisches Spiel, elegische Lyrik und leidenschaftliche Ausbrüche in freie Atonalität. So wie Berg heimlich der Romantik anhaftet, leben Thomas Böttgers Drei Nocturnes von frei-atonalem Melodienreichtum, sehnsuchtsvollen Solopassagen, als entstammten sie der frühen Moderne. Wolfgang-Andreas Schultz greift in seiner Sonate für Violine und Klavier mittelalterliche Elemente auf: Das anfangs harmonisch-beschwingte Wechselspiel steigert sich nach fragil-zärtlichen Passagen immer wieder zu einem expressiv-kraftvollen Miteinander. Die Musiker überzeugen in diesen Brückenschlägen zur Tradition.
Der Höhepunkt des Abends kommt jedoch nach der Pause mit dem Streichquartett Nr. 1 mit Live-Elektronik von Ensemble-Leiter Thomas Müller: Lang gehaltene Töne und Tremoli, dissonant, kontrapunktisch und in höchst wechselhafter Dynamik, schaffen eine aufwühlende Spannung, verstärkt durch elektronische Echos sowie wirkungsvoll eingesetzte Pizzicato-Töne. Langsam schält sich eine wilde Rhythmik heraus. Das Quartett schlägt mit Hand und Bogen, entwickelt Percussion-Qualität. Motivelemente befreien sich zu einem urwüchsigen Ausbruch, der schließlich von der anfänglichen Klangwelt wieder eingeholt wird.
Nach diesem in seinen Extremen bedrängenden Stück beschließen Iannis Xenakis' glissandilastiges Morsima - Amorsima und dieFaschismus-Anklage Orpheus. Fragmente II von Gerd Domhardt das gelungene Konzert.
Niels Grevsen
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