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Schwedens Städte entscheiden für EU

Massive Ja-Propaganda und die Angst vor der Wirtschaftskrise drehten im Endspurt die Stimmung für den EU-Beitritt / Der Norden, die Frauen und die Jugend stimmten dagegen  ■ Aus Stockholm Reinhard Wolff

Mit 52,2 Prozent sagte eine deutliche Mehrheit der SchwedInnen am Sonntag Ja zu einer EU- Mitgliedschaft des Landes, 46,9 Prozent stimmten mit Nein. Erst in den letzten Tagen haben sich offenbar viele unentschlossene WählerInnen zum Ja entschieden – Ergebnis einer millionenschweren Propaganda und Verdienst des schwedischen Ministerpräsidenten Ingvar Carlsson. Dieser hatte sein gesamtes persönliches Prestige eingesetzt und war im Wahlkampfendspurt Schulter an Schulter mit dem Oppositionsführer Carl Bildt aufgetreten: eine in Schweden bislang ungewöhnliche Demonstration der Einigkeit quer durch das Parteienlager.

Mit Ausnahme der städtischen Regionen hat praktisch ganz Schweden Nein zur EU gesagt. 70 Prozent der Selbständigen und leitenden Angestellten stimmten mit Ja, eine deutliche Mehrheit der ArbeiterInnen dagegen Nein. Während der städtische Süden mit teilweise Zweidrittelmehrheit „Ja“ sagte, stimmten in einigen nordschwedischen Provinzen bis zu 70 Prozent der WählerInnen gegen eine Mitgliedschaft. Für Ingvar Carlsson steht jetzt eine Einigung der über die EU-Frage tief gespaltenen Sozialdemokratischen Partei ganz oben auf der Tagesordnung. Die sozialdemokratische Regierung hatte in den letzten Tagen bis hin zu Rücktrittsdrohungen ihr gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, so daß sich das EU-Referendum für viele SozialdemokratInnen als Vertrauensabstimmung für Ingvar Carlsson darstellte.

Daß sich viele WählerInnen tatsächlich erst in der Wahlkabine entschieden, ist der monatelangen öffentlichen Debatte zu verdanken, die kaum ein Thema ausgelassen hatte. In Schweden stark negativ besetzte Themen, wie die französische Atomwaffenpolitik, irische Abtreibungsgesetze, deutsche Familien- und Schulpolitik, britische Arbeitsmarktpolitik und spanische Tierschutzgesetzgebung wurden als vermeintliche EU- Probleme ebenso breit in den Medien debattiert wie die traditionellen schwedischen Kopfschmerzverursacher: Alkohol, außenpolitische Allianzfreiheit, Snustabak und Sicherung der Demokratie und des Selbstbestimmungsrechts.

Nach dem Ja Schwedens wird am Freitag dieser Woche der finnische Reichstag seine auf Druck der Nein-Seite verschobene Schlußabstimmung nachholen und vermutlich endgültig dem EU-Beitritt mehrheitlich seinen Segen geben. Ob dagegen das positive Ergebnis in Schweden irgendeine Auswirkung auf die massive Nein-Mehrheit im Nachbarland Norwegen haben wird, ist eher fraglich. Dort stimmt die Bevölkerung in zwei Wochen ab.Kommentar Seite 10

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