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Ironisches Gemäkel

■ Martin Buchholz testete sein neues Programm an Hamburgern

„Wer die Wahl hat, hat die Qual. Die Wahl zu kommen oder nicht, die hatten Sie ja schon. So, und jetzt kommt die Qual.“ So weit die Begrüßung von dem Berliner Autoren und Kabarettisten Martin Buchholz an sein Publikum. Das heißt, so richtig begrüßt hat er es zunächst eigentlich nicht. Vielmehr kam er in den Saal reingestürzt, lief durch das Publikum hindurch, stand ehe man sich versah auf der Bühne und redete. Und wie er erst mal angefangen hatte zu reden, da hörte er auch erst mal nicht wieder auf. Irgendwann zwischen einem seiner schnell aufeinanderfolgenden Sätze versprach er: „Nie wieder werde ich rummäkeln und die Deutschen um ihren Spaß bringen.“ (Welchen Spaß er wohl meinte?) Rumgemäkelt hat er aber trotzdem.

Thema waren mal wieder Ossis und Wessis und ihr „türfüllender Kanzler“ sowie die Wahl vom 16. Oktober, bei der „Schattenkanzler Scharping“ gegen den „Sonnenkönig“ antrat und natürlich verlor. „Seitdem befindet sich die SPD in einer sich verschärfenden Krise, sozusagen einer sharping crisis.“ Hauptthema seines neuen Kabaretts Kassandra, mon amour, das am Dienstagabend in Alma Hoppes Lustspielhaus Premiere hatte („Die Hamburger müssen als Versuchskaninchen herhalten, bevor ich mich nach Berlin traue.“), ist jedoch der Geschlechterkampf. Für die Frauenbewegung spricht er sich aus, aber „muß es denn so ein Tempo sein?“, und er fordert: „Schluß mit der Verweiblichung-Verweichlichung in der Gesellschaft! Die Männer unter den Blauhelm, die Frauen unter die Haube, in die kleinste Zelle des Staates, ins Zucht-Haus gewissermaßen.“

Um den Spaß gebracht hat er das Publikum mit seinen Mäkeleien aber nicht. Ganz im Gegenteil: Es gab im ganzen Saal wohl kaum jemanden, den der Berliner mit seiner Ironie und seinen findigen Wortspielereien nicht zum Lachen gebracht hätte. Martje Schulz

Weitere Vorstellungen: 17./18. und 22.-25. November jeweils 20.30 Uhr, Alma Hoppes Lustspielhaus

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