Hochbahn: Räder stehen still

■ Warnstreiks in der nächsten Woche / ÖTV will Nullrunde für die Busfahrer verhindern / Hochbahn-Vorstand droht der Belegschaft Von Florian Marten

„Ich habe noch nie bei einem Arbeitgeber soviel tarifpolitisches Unvermögen erlebt wie beim Vorstand der Hamburger Hochbahn AG“. Hamburgs ÖTV-Chef Rolf Fritsch nahm in der Beurteilung des Tarifkonfliktes zwischen der ÖTV und der stadtstaatlichen Hamburger Hochbahn AG (HHA), Aufsichtsratsvorsitzender ist Verkehrssenator Eugen Wagner, gestern kein Blatt vor den Mund „Von unseren Busfahrern eine Nullrunde zu verlangen, ist eine absolute Provokation. Ich hoffe sehr, daß sich dieser Konflikt nicht weiter hochschaukelt. Einen hamburgweiten Hochbahn-Streik mitten im Weihnachtsverkehr will ich mir erst gar nicht vorstellen.“

Nach fünf ergebnislosen Verhandlungsrunden ließ die ÖTV am Dienstag die Gespräche platzen: Der HHA-Vorstand hatte zwar angeboten, über eine „lineare Lohnerhöhung“ zu sprechen. Diese sollte aber an die Vereinbarung von Verschlechterungen im Manteltarif (Arbeitszeitverlängerung, Streichung von Zuschlägen für Schichtarbeit etc.) geknüpft werden, welche mindestens dem Wert der „Lohnerhöhung“ entsprechen sollen. Fazit der ÖTV, die kurz zuvor mit den Gas- und Wasserwerken Lohnerhöhungen von zwei Prozent vereinbart hatte: „Das ist ein nicht verhandlungsfähiges Nullangebot.“

Ab Mitte nächster Woche will die ÖTV mit gezielten Warnstreiks „sanften Druck auf die Arbeitgeber“ entwickeln, behält sich aber vor, so Fritsch, „auf der Klaviatur der Arbeitskampfmaßnahmen weiter nach oben zu wandern“. Die Stimmung an der Hochbahner-Basis ist heiß. Vor allem Handwerker und Fahrpersonal, die von den Verschlechterungen im Manteltarif besonders betroffen wären, sind stinksauer. Nicht wenige würden am liebsten sofort „alle Räder still“ stehen lassen. Unmut richtet sich auch gegen Teile der ÖTV und des Betriebsrates, die das Prinzip partnerschaftlichen Filzes seit langem hochhalten.

Der HHA-Vorstand sieht sich dagegen mit dem Rücken zur Wand: Der Beschluß des Senats, das HVV-Defizit zumindest einzufrieren, und die drohende ÖPNV-Regionalisierung (siehe Kasten) haben Handlungsdruck ausgelöst. In einem Schreiben des HHA-Vorstandes an die „Lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ heißt es, das „Unternehmen ist in seinem Bestand gefährdet, wenn es nicht gelingt, die Kosten dauerhaft zu senken“. Wer da gesenkt werden soll, umschreibt der Vorstand so: „Wir streben an, mit der ÖTV gemeinsam einen sozialverträglichen Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze zu erreichen.“

Die dramatische Situation der HHA, so meinen ÖPNV-Experten, sei durchaus zutreffend beschrieben. Nicht wenige HHA-Insider meinen allerdings, daß es auch anders gehen könnte: Die HHA-Tochter Pinneberger Verkehrsbetriebe zeigt, wie mit kleiner Verwaltung und hochmotivierten Mitarbeitern Verkehrszukunft effizient gestaltet werden kann. Und die Mannheimer Verkehrs AG will ihr offensives Konzept 2000, den Ausbau des Stadtbahnnetzes und einen 20prozentigen Fahrgastzuwachs bis zum Jahr 2000, mit einer Absenkung der Kosten um 30 Milionen Mark jährlich kombinieren: Durch bessere Betriebsorganisation und den Ersatz von Bussen durch Stadtbahnlinien.