: Abwarten? Besser Tee trinken
Teekampagne ist umstritten / Zwischen den Positionen, ob der Handelsweg zählt oder vor allem der Geschmack, liegen Welten / Ein Reisebericht ■ Von Katharina Voß
Alle Jahre wieder... startet die „Teekampagne“, die bekannteste Berliner Teequelle. Nach eigenen Angaben wird sie in diesem Jahr 500 Tonnen Darjeeling importieren und damit größter deutscher Importeuer dieser Sorte sein.
1985 von Professor Faltin, Wirtschaftspädagoge an der FU Berlin, ins Leben gerufen, sollte mit der „Projektwerkstatt Teekampagne“ ein neues Wirtschaftsprinzip verwirklicht werden: Sie soll eine ökologische Alternative im Markt darstellen. Transparenz für den Verbraucher und ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis sind die Eckpfeiler des Konzeptes. Dazu gehört für die Kampagne, daß sie Rückstandsanalysen vornehmen läßt und die Ergebnisse auf der Packung abdruckt. Um niedrigere Preise zu ermöglichen, den Produzenten dennoch angemessenen Lohn zahlen zu können, wird durch den Verkauf von Großpackungen auf Zwischenhändler verzichtet.
Beim Einkauf beschränkt sich die Kampagne auf Darjeeling First Flush und Darjeeling Second Flush (s. Kasten). „Darjeeling gilt allgemein als der beste Schwarztee der Welt. Für ihn mußte der Verbraucher vor Beginn der Kampagne hohe Preise zahlen. Davon erhielten die Pflücker in Indien jedoch nur einen geringen Teil. Wir wollen den Plantagen in Indien helfen, indem wir nur Qualitätstee kaufen, für den die Inder einen höheren Preis verlangen können“, erläutert Conrad Gölicke-Steffens, Pressesprecher der Projektwerkstatt.
„Mit unserer Kampagne wollten wir einen etablierten Markt durcheinander bringen. Wir wollten beweisen, daß man Handel ökonomischer und ökologischer gestalten und gleichzeitig der Dritten Welt helfen kann.“ Wichtig sei die Idee gewesen, nicht das Produkt: „Daß unser Prinzip funktioniert, hätten wir auch an Schuhsohlen demonstrieren können.“
„Den Markt durcheinander zu bringen“, dies ist der Kampagne sicher gelungen. Kritik kann dabei nicht ausbleiben. F.J. Schmitt ist Besitzer eines großen Berliner Teegeschäftes auf dem Kurfürstendamm: „Tee muß sachgemäß gelagert werden. Wenn den Kunden weisgemacht wird, sie könnten ihren Tee ohne Probleme ein Jahr lang im Haushalt lagern, so ist dies Scharlatanerei. Nach einem halben Jahr wird der Unterschied zu Aldi- Tee kaum merkbar sein.“
Bei Schmidt ist der Tee luftdicht in Schlauchbeuteln unter Luftabschluß verpackt; zu riechen ist daher im Laden nichts. Ein Rückstandszertifikat wie bei der Teekampagne findet sich auf den Beuteln nicht, obwohl er nach eigenen Angaben mehr Geld für Rückstandsanalysen pro Kilo Tee ausgibt. Werbung damit wäre für ihn „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ – auf die er verzichtet.
Eine Verbesserung der Qualität des gehandelten Tees ist für ihn jedoch nur durch bessere Beratung der Verbraucher durch Fachgeschäfte zu gewährleisten. Die Kampagnen-Mitarbeiter, insbesondere ihre Verkäufer, wissen seiner Meinung nach zuwenig über ihr Produkt. Weiterer Kritikpunkt: Die Beschränkung der Teekampagne auf eine Teesorte. Damit werde die Nachfrage auf die Region Darjeeling konzentriert, andere Regionen würden vernachlässigt.
Ebenfalls nicht gut auf die Teekampagne zu sprechen sind viele Bioläden, die schließlich gemäß der Werkstatt-Philosophie keinen Pfennig bekommen: Christiane Rothmann, Angestellte bei „Schrot und Korn“ in Friedenau: „Wir hatten den Kampagnentee ein Jahr lang im Sortiment. Da wir aber mit ihm keinen Gewinn machen, lohnt sich der Verkauf für uns nicht.“ In vielen Läden wird statt dessen Darjeeling aus der „Teeaktion“ von Ökotopia angeboten. Wie Ökotopia selbst zugibt, entstand die Teeaktion als Reaktion auf die Teekampagne. Im Preis ist jedoch ein Anteil für den Laden enthalten, in dem der Tee verkauft wird. Außerdem stammt der „Aktionstee“ aus biologisch kontrolliertem Anbau. Im Gegensatz dazu ist der Kampagnen-Tee nur „rückstandskontrolliert“.
Ökotopia mußte im letzten Jahr ein Teil ihres Tees wegen zu hoher Tetradifonwerte zurückziehen. In diesem Jahr wird der Aktionstee daher, wie bei der Teekampagne, von einem unabhängigen Labor untersucht, die Ergebnisse auf der Verpackung abgedruckt.
Die Mitarbeiter der Teekampagne stehen der Konkurrenz gelassen gegenüber. „Solange die anderen von uns etwas lernen und unsere Prinzipien übernehmen, haben wir nichts gegen Nachahmer“, sagt Conrad Bölicke-Steffens: „Was uns ärgert, sind Firmen, die nur unsere Verpackung kopieren und damit den Verbraucher in die Irre führen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen