: Klinikfusion als Haushaltsrisiko
■ Wissenschaftssenator Erhardt (CDU) rechnet vor, daß die Fusion von Charité und Virchow keine Einsparung bringt
Die geplante Fusion der Unikliniken Rudolf Virchow und Charité führt zu keinerlei finanziellen Einsparungen. Dies geht aus einem Papier von Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) für den Unterausschuß Krankenhaus des Abgeordnetenhauses hervor. Was KritikerInnen der Fusion seit Wochen verkündet haben, liegt damit schwarz auf weiß vor. Da die erhofften Einsparungen ein Hauptziel des Zusammenschlusses waren, stellt sich nun die Frage, ob die CDU- und die SPD-Fraktion an ihrem Gesetzentwurf festhalten.
Bei der am Montag beendeten Anhörung von VertreterInnen beider Kliniken und unabhängigen ExpertInnen haben sie sich mit einer Vielzahl von Bedenken bis hin zu glatter Ablehnung des Gesetzes konfroniert gesehen. Am Wochenende wollen die mit der Fusion befaßten ParlamentarierInnen über das weitere Vorgehen beraten.
Wissenschaftssenator Manfred Erhardt, der sich den Fusionsplänen seiner Partei nur zähneknirschend gefügt hat, hat den Abgeordneten einen harten Brocken hingeworfen. Er hat aufgelistet, wieviel Personal durch den von den Krankenkassen geforderten Abbau von insgesamt 500 Betten an den drei Universitätskliniken eingespart wird. Durch die Fusion mit der Charité kämen im Virchow-Krankenhaus 880 MitarbeiterInnen auf eine Überhangliste. Das bedeutet, daß ihre Stellen vorübergehend weiter finanziert werden müssen. Bis zu 102 Millionen Mark Kosten könnten der Landeskasse dadurch entstehen. Dies sei wegen der Prognosen zwar nur ein „Anhaltswert“, heißt es in dem Papier. Doch handelt es sich um ein Vielfaches von dem, was im Haushalt 1995/96 zur Finanzierung der Überhangliste bereitgestellt ist – sechs Millionen Mark.
„Das ist ein Haushaltsrisiko von 102 Millionen Mark“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Köppl. Für ihn ist das Papier „der Offenbarungseid“, daß das Gesetz zur Neuordnung der Hochschulmedizin nicht hält, was sich die Koalition davon verspricht.
Die Charité und das Uniklinikum Benjamin Franklin in Steglitz gehen laut Erhardts Papier davon aus, daß der Abbau von jeweils 150 Betten zu keinen Personaleinsparungen führt. Beide Kliniken rechnen mit einer kürzeren Verweildauer der Patienten, einem höheren Auslastungsgrad und infolgedessen mit einer erhöhten Arbeitsintensität. Profitieren würden vom Bettenabbau allenfalls die Krankenkassen. Dorothee Winden
Siehe Reportage Seite 34
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