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Tauziehen um die „gemeinsame Landesplanung“

■ Wenn Niedersachsen die Haushaltsgelder streicht, dann guckt auch Bremen nicht über die Landesgrenze

Mit „gemischten Gefühlen“ verfolgt der Bremer Finanzsenator Manfred Fluß das Tauziehen in Hannover um die 1,5 Millionen für die „Gemeinsame Landesplanung“ im Etat 1995. In einem Streich-Papier der Landesregierung war diese Summe als Sparpotential aufgelistet worden. Immerhin gehört aber die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende in Hannover, Ilse Lübben, zum Kreis derer, die sich gegen diese Streichung wehren. Erst im kommenden März wird der Landtag den Doppelhaushalt 1995/96 verabschieden, das Tauziehen wird also noch andauern.

Da Bremen sich mit derselben Summe an der „Gemeinsamen Landesplanung“ beteiligt, steht das Geld im bremischen Etat unter einem Vorbehalt. Sünke Herlyn, zuständiger Mitarbeiter im Ressort Stadtplanung, hofft, „daß wir wenigstens bei einer Million landen“. Wenn in Hannover die Mittel gestrichen werden, dann sind auch die entsprechenden Mittel für die Stadtplanung weg - dann streicht auch der Bremer Finanzsenator. Fluß bestätigt diese Sorge: „Es wäre vernünftig, da mindestens 700.000 Mark einzusetzen, aber wenn die nix machen, dann sehe ich nicht ein, daß wir einzahlen.“

Eine „Gemeinsame Landesplanung“ zwischen den Bundesländern Bremen und Niedersachsen gibt es praktisch nicht. Rücksichtslose Subventionskonkurrenz herrscht in die Wirtschaftspolitik an der Landesgrenze, mit großen Einkaufszentren nahe der Landesgrenze werden die Kundenströme aus Bremen nach Niedersachsen und aus Niedersachsen nach Bremen gelockt. Unter der großen Überschrift „Gemeinsame Landesplanung“ sollen vorsichtige Versuche unternommen werden, die eng um Bremen gezogene Landesgrenze für die Verwaltungen wenigstens in einzelnen Problembereichen etwas aufzuweichen.

Beispiel Öffentlicher Nahverkehr, Linie 4: Für die Pendlerströme wäre es sinnvoll, die geplante Straßenbahn Linie 4 bis zum Falkenberger Kreuz nach Lilienthal weiterzuführen. Doch die Gemeinde Lilienthal hat kein Geld für die Planungen der Straßenbahn-Trasse. Die könnten aus dem kleinen Topf „Gemeinsame Landesplanung“ finanziert werden.

Beispiel Verkehrsverbund: Seit einigen Jahren gilt in den Verkehrslinien, die ins niedersächsische Umland führen, derselbe Fahrschein wie bei der BSAG. „VBN“ heißt der Verkehrsverbund. Einige Landkreise wollen sich noch anschließen. Voraussetzung für die komplizierten Berechnungen des Finanzausgleiches ist aber eine Analyse der Kunden-Ströme, die Unternehmen kassieren ja derzeit noch getrennt. Aus dem Topf „gemeinsame Landesplanung“ sollen diese Verkehrsbefragungen finanziert werden.

Beispiel drei: Ein Oldenburger „Büro Forum“ arbeitet an einem „Regionalen Entwicklungskonzept“ für die gesamte Region - unabhängig von Ländergrenzen. Bisher wurden in einem ersten Teil wohlklingende „Leitbilder“ formuliert. Im zweiten Schritt soll es demnächst um die Konkretion gehen: ein Handlungsrahmen für Verkehrsplanung, Gewerbeflächenplanung, Wohnungsbau-Planung. „Das ist die entscheidende Phase“, sagt Sünke Herlyn. Finanzierbar ist das nur, wenn es Mittel für „Gemeinsame Landesplanung“ gibt.

Die niedersächsische SPD-Politikerin Lübben sieht bei denen, die diese Entwicklung unter dem Etikett „Sparpolitik“ bremsen möchten, noch andere Motive: „Ängste vor Kompetenzverlust“. Irgendwann soll aus der „Gemeinsamen Landesplanung“ einmal eine wirklich gemeinsame Landesplanung werden, damit die Region strukturell, kulturell und wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleibt im zusammenwachsenden Europa. K.W.

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