: Wie das Kunstforum versilbert wird
■ Der „Bremer Silberschatz“ soll dem Kunsthaus neuen Glanz verleihen
In neuem Glanz soll das gebeutelte „Kunstforum am Markt“ erstrahlen – ohne Kunst allerdings: Die historischen Silberstücke des Landesmuseums sollen dort ab dem nächsten Frühjahr ausgestellt werden. So stellt es sich das Kulturressort vor, das mit einer entsprechenden Vorlage die Kulturdeputierten überraschte. „Eine Art Fenster“, so Staatsrat Gerhard Schwandner, soll dem Museum aufgetan werden, dieweil das Stammhaus seine Läden sanierungsbedingt für etwa anderthalb Jahre teils schließen muß. Schon kursiert das Projekt unter dem schmucken Titel „Bremer Silberschatz“ unter Kulturpolitikern. Und das Landesmuseum macht sich an die Rechnerei, was das Fenster in der City denn so kosten könnte. Nur von der Kunst, die man so ehrgeizig im zentralen Bremer Kunsthaus hegen und pflegen wollte, spricht niemand mehr.
Dabei hatte das Ressort die Idee eines „Kunstforums“ für aktuelle Kunst noch vor einem dreiviertel Jahr über die Maßen gepriesen. Den Deputierten wurde das neuerliche Unternehmen, mit einer Folge von Kunstprojekten neues Leben in den leeren Prachtbau zu bringen, als „modernes Konzept“ verkauft. Von Schau zu Schau mußte die vom Ressort beauftragte Konzeptionistin, Barbara Claassen-Schmal, das Geld besorgen; dauerhafte Kosten wollte man sich somit ersparen. „Im Prinzip war es ein erfolgreiches Konzept“, sagt der Staatsrat heute noch. Aber ein dauerhaftes Engagement seitens neuer Sponsoren, und sei's die Wirtschaftsförderung, stellte sich nicht ein. Und so geriet die erwartete Zwischenbilanz über das „Kunstforum“ zur Schlußabrechnung: Im Bericht an die Deputation stellte das Kulturressort das bisherige Konzept nicht mal ernsthaft zur Diskussion.
Das bedeutet: Mit dem Ende der laufenden Edward-Hopper-Ausstellung – mit über 12.000 Besuchern die bislang erfolgreichste des „Kunstforums“ – ist Claassen-Schmal „praktisch total weg, aus dem Spiel“. Und mit ihr auch die bereits angeleierten, allerdings weniger silberglänzenden Projekte. Um dem Forum festen Boden in der Stadt zu geben, war ein Nachwuchspreis für Bremer Fotografen samt zugehöriger Ausstellung geplant; auch die heimischen Literaten sollten hier ein neues Forum finden. „Ohne Verankerung in der Bremer Kulturszene kann man hier nichts machen“, sagt Claassen-Schmal – aber dazu soll es nun nicht mehr kommen.
Auch, weil die Konstruktion des „Kunstforums“ wohl doch nicht ganz so ideal ist. Durch die „mangelnde Staatsferne“, sprich: die enge Anbildung des Kunsthauses ans Ressort, „gab es unglaubliche Reibungsverluste“, sagt Claassen-Schmal. Daß es Kompetenzstreitigkeiten gab, streitet auch die Behörde nicht ab. Selbst der Staatsrat empfiehlt, künftig eine „etwas behördenfernere Trägerschaft“ zu konstruieren. Vorerst aber bahnt sich das genaue Gegenteil an: Das Landesmuseum ist bekanntlich weisungsgebunden an die Kulturbehörde; wenn es im neuen Silberforum einziehen sollte, regiert dort faktisch und praktisch für die nächsten Jahre die Behörde selbst. Eine weitere, echte Perspektive für das Haus mag sich, angesichts der neuerlichen Fluktuation, derzeit niemand ausmalen: Darüber, sagt Schwandner, „muß man nach den nächsten Wahlen reden“. tom
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