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Vorschlag

■ Theaterproduktion Strahl: „BlackOut“ in der Weißen Rose

Kaum eine pädagogische Institution, die nicht energisch gegen Fremdenfeindlichkeit eintritt – kein heißes Eisen also mehr für vom Thema gesättigte Kids! Trotzdem könnte „BlackOut“, das neue Jugendstück der „Theaterproduktion Strahl“, ein Volltreffer werden.

„Ein Gedicht von Erich Fried und der Selbstmord des 19jährigen Jamal aus Münster waren der Auslöser für die Entwicklung des neuen Musiktheaterstücks ,BlackOut', einer aktuellen Bearbeitung von Shakespeares Othello“, so die Berliner Gruppe. 1994 heißt Othello Otto Schmidt und kommt aus Kiel. Er ist Sänger der Berliner Rockband „6 Blu Sox & 2“, die gerade die ganz, ganz große Chance wittert. Aber der Erfolg spaltet die Combo. Der mokkafarbene Strahlemann Otto kommt gut an, Bandleader Kuschinski dagegegen bleibt unbeachtet und verwandelt sich erstaunlich schnell in einen finsteren, ränkeschmiedenden Jago. Aus verletztem Stolz klopft er diskriminierende Sprüche gegen seinen einst besten Freund. „Das hat nichts mit Rassismus zu tun, das ist so“, behauptet er. Beim Gastauftritt in einem popeligen Kaff an der Nordseeküste kommt es zum Showdown. Erbarmungslos und raffiniert spielt Kuschinski, von seinen ahnungslosen Freunden liebevoll Kuschel genannt, die Bandmitglieder gegeneinander aus. Besonders viel Mühe verwendet er darauf, die große Liebe zwischen Otto und seiner Freundin Mona zu zerstören. Doch im Jahre 1994 überlebt (Desde-)Mona, der sensible Otto bringt sich aber um. „Er war zu bunt für diese Welt“, schmalzen die restlichen „blauen Socken“ hitverdächtig betroffen in die Studiomikros.

Mit Musik geht im Jugendtheater grundsätzlich alles besser. In „BlackOut“ fetzt die Band gleich zum Einstieg richtig los – leider nicht live, sondern aus der Konserve. Mit coolen Sprüchen und gut eingesetzten flapsigen Witzen zieht die freche Truppe die Zuschauer auf ihre Seite. Allerdings saufen ihnen einige leise Szenen erbarmungslos ab, für die sie herzhafte Lacher einstecken müssen. Auch die Gegenüberstellung von Shakespeareschem Sprachreichtum und pointierter Umgangssprache sitzt noch nicht richtig, und nach der Pause kommt das anfangs flotte Tempo der Inszenierung etwas ins Stocken.

„Theater ist Kunst und nicht Mittel zum Zweck“, fordern Kinder- und Jugendtheater-„Experten“ und wettern gegen den pädagogischen Mißbrauch einer Kunstgattung. Doch was soll man wohl gegen gutgemachte Unterhaltung haben, die auch noch Stoff zum Nachdenken liefert? Regina Weidele

„BlackOut“, Weiße Rose, Apostel-Paulus-Straße 10, Schöneberg. Vormittagsvorstellungen bis 15.12., Vor- und Nachbereitungen auf Anfrage; 23., 25.–27., 30.11., 14.12. um 19.30 Uhr.

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