Autokrank

■ Gesundheitliche Belastungen durch den Verkehr / Eine Fachtagung

Wenn es stimmt, was Peter Valet vom Umweltministerium Baden-Württenberg erzählt, waren vier Ozontage dieses Sommers in Heilbronn „ein Volksfest“: die Tage, als auf der Autobahn nur 80 gefahren werden durfte und die Innenstadt nur mit Dreiwege-Kat befahren werden durfte. „Ein Riesenspaß - und eine ungeheure Akzeptanz!“ Das ganze nannte sich „Ozon-Versuch“; ob Ozon reduziert wurde, weiß man noch nicht. Immerhin fuhren 40% weniger Autos, und die Luftschadstoffe Benzol, NOX und Dieselruß gingen sogar noch mehr zurück. Und: das Volk akzeptierte die Zwangsmaßnahme. Mittwoch war eine Fachtagung des Bremer Gesundheitsressorts über gesundheitliche Belastungen durch den Straßenverkehr: „Gesundheitsrisiko Verkehr?“ – wie gehen andere Kommunen mit Lärm und Dreck in der Luft um?

Aus München berichtete Angelika Lintzmeier (Umweltreferat) über die Schwierigkeiten der Kommunikation zwischen der Umweltbürokratie und den Bürgern. Sinngemäß und düster: Großprojekte werden möglichst intern ausgemauschelt, mit Bürgerinitiativen und Projekten arbeitet man aber gern zusammen, wenn es um individuelle Verhaltensänderung geht. Beispiel: das Projekt „Mit dem Fahrrad zur Arbeit“ zusammen mit ADFC, DGB und AOK. Höhepunkt: die Verleihung der Auszeichnung „Fahrradfreundlichster Betrieb Münchens“.

Über das Fragezeichen hinter „Gesundheitsrisiko Verkehr?“ wunderte sich Herr Kinder („Büro für Verkehrsökologie“). Er stellte seinen Kollegen eine im Mai veröffentlichte Studie über Verkehrslärm und Stinkeluft in der Neustadt und der Neuen Vahr vor. Die Studie belegte, was Empfindliche ohnehin wissen: Die Neustadt ist ungesund. Krebs- und Herzinfarktrisiko sind hier deutlich höher als z.B. in der Neuen Vahr. Grund: der Straßenverkehr.

Eine ähnliche, aber umfassendere Studie hatte es in Berlin gegeben. Manfred Garbe (IVU-Institut) berichtet von enormen Grenzwertüberschreitungen, gerade bei Lärm. Forderung der Wissenschaftler: Reduzierung des LKW-Verkehrs in der City um 50%, Einsatz von Gasmotoren, Auslastung der Straßen nicht entsprechend ihrer technischen Leistunggsfähigkeit, sondern nach gesundheitlicher Belastung. Danach dürften zahlreiche große Straßen ein Viertel weniger Verkehr haben.

Politische Reaktionen kommen in Berlin wie in Bremen zäh. Immerhin hat der Berliner Senat inzwischen beschlossen, daß ab 1998 nur noch Autos mit Dreiwege-Kat in die City dürfen; und ab 2000 dürfen LKW nur noch nach der Euronorm II stinken. Und noch ein Ergebnis der Studie: mit ihr unterm Arm verklagen Bürger die Stadtverwaltung. Ziel: City-Nachtfahrverbote. BuS