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Wenn man sich bettet...

■ ...und die Nachtruhe sich dennoch nicht einstellt: Ein Ratgeber stellt allerlei Wissenswertes zusammen über das geheimnisvolle Drittel unseres Lebens

Also gut: daß Barbiturate, Benzodiazepine oder Antidepressiva Nebenwirkungen haben und daher (auch) als Schlafmittel nicht das Gelbe vom Ei sind, das hat man ja irgendwo schon gehört. Auch daß unregelmäßige Schlafenszeiten, wg. Schichtarbeit etwa, der Nachtruhe nicht unbedingt förderlich sind, ebensowenig wie Lärm oder Streß – auch das hat man andernorts schon einmal gelesen. Aber was, bitte schön, ist „Schlafhygiene“??

Schlaf ist eine knifflige und störanfällige Angelegenheit: Manch einer kommt gar nicht zur Ruhe, andere werden zu früh wach; die einen scheuchen nachts fünfmal hoch und stehen senkrecht im Bett, andere ratzen wie die Murmeltiere und fühlen sich am nächsten Morgen dennoch wie gerädert. Und dann gibt's auch noch Leute, die sacken tagsüber weg, einfach so, auf eben schlicht. Am Arbeitsplatz oder bei Feiern, in Kino oder Theater, im oder beim Verkehr.

Was also tun, wenn die Ruhe sich nicht einstellt? Hilfestellung bietet ein neuer Gesundheitsratgeber der Stiftung Warentest mit dem blöden Titel „Fit durch gesunden Schlaf“. Und was es alles so gibt, das die (Nacht-)Ruhe beeinträchtigen kann: ausgeleierte Matratzen und ungesunde Lebensweise (Alkohol, Nikotin, Streß), psychische Konflikte oder auch körperliche Gebrechen.

Daß bei einem Problem dieser Komplexität nicht jedes Phänomen bis ins letzte Detail abgehandelt werden kann, dürfte klar sein – zu vielfältig sind dafür die Ursachen von Schlafstörungen. Was aber die Stärke dieses Ratgebers ausmacht: Betroffene werden mit einer Fülle von Fragen konfrontiert, mit Hilfe derer man den Ursachen auf die Spur kommen könnte. Kurz und gut: Der Ratgeber ist als ausführliche „Checkliste“ zu lesen, die auf Dimensionen aufmerksam macht, die bislang vielleicht außer acht blieben.

Zum Beispiel die „Schlafhygiene“. Ist das Schlafzimmer so gestaltet, daß man sich darin wohl fühlt? Und wie wär's mit einer regelmäßigen Schlafenszeit, auch am Wochenende? Oder mit einer Ruhepause zwischen den Aktivitäten des Tages und dem Zubettgehen (Spaziergang, Enspannungsübungen, Lesen, Musikhören)? Oder mit einem Einschlafritual (Kräutertee, Bad nehmen, Tagebuch schreiben oder was auch immer)? Vielleicht war auch das Abendessen zu spät, zu fett, zu scharf gewürzt?

Außerdem: „Vergessen Sie nicht: Alkohol und Nikotin sind keine Schlafhilfen, sondern Schlafstörer.“ Denn: Nikotin regt an, und mit Alkolhol schläft man zwar anfangs relativ gut ein, erwacht dann aber oft in der zweiten Nachthälfte und kann dann längere Zeit nicht wieder einschlafen. Von der Gefahr Abhängigkeit und Alkoholmißbrauch gar nicht zu reden.

Zu erfahren ist auch einiges über die Selbstbehandlung mit Medikamenten und natürlich über Anzeichen, die es geraten erscheinen lassen, einen Arzt aufzusuchen. Schließlich über das, was man schon immer wissen wollte: „Was passiert im Schlaflabor?“ Nicht zu vergessen: Hinweise auf allgemeine Psychotherapien sowie auf spezielle Verhaltenstherapien gegen Schlafstörungen.

Dabei ist das wichtigste adrett und übersichtlich arrangiert und kapitelweise in Kästen zusammengefaßt – Regeln für Mittagsschlaf, Matratzenkauf und Schlafhygiene; Hinweise, worauf man beim Arztbesuch achten sollte und beim Kinderarzt insbesondere; oder Argumente, die für oder gegen eine Behandlung mit Schlafmitteln sprechen.

Da sind dann auch (diese sind zweifellos ein Nachteil) manche Doppelungen zu ertragen: So werden psychische Belastungen oder gar Erkrankungen zunächst bei den „Ursachen“ der Schlafstörungen abgehandelt, tauchen dann bei den Schlafstörungen der Kinder erneut auf und anschließend noch einmal bei der Suche nach den Ursachen von Schlaflosigkeit im Alter.

Ergänzt wird der Text durch einen ausführlichen „Schlaffragebogen“, mit dessen Hilfe vielleicht der verborgenen Ursache des (Schlaf-)Problems auf die Spur zu kommen ist.

Ein Problem bleibt allerdings: Was tun, wenn die Recherchen zu dem Ergebnis kommen, daß die Psyche im Eimer ist? Da hilft dann nur reparieren.

Johann Peter Nissen

Fit durch gesunden Schlaf. Ratgeber Gesundheit, hrsg. von der Stiftung Warentest Berlin, 184 Seiten, 16.80 Mark

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