piwik no script img

Rock'n'Roll-Kruzifix

■ Shane MacGowan ist wieder da

Und das ist schön. Denn Shane MacGowan ist toll. Eigentlich wissen wir es alle, hier kocht einem das Blut, deswegen muß er immer soviel Whiskey draufgießen. Aber nur so kommt dieser kehlige, zahnlose, schmetternde Ton zustande, mit dem der Mann die Geister rührt und jeden Zahnarztbesuch vergessen macht. Als er die Pogues verließ war das wie damals, als der Teufel Linda Blair verließ. Der Spaß war weg. Jetzt ist der Spaß wieder da und als kleine Stichelei unter alten Trink- und Schunkel-Kollegen nennt er seine neue Band The Popes.

Mit diesen neuen und alten Freunden hat er eine Platte eingespielt, die zu den besten zwei Pogues-Platten zählen würde, wäre sie von ihnen. The Snake versammelt alle Tugenden der alten irischen Stecher: Punk = Foklore x c2, seliges Schwelgen in alten Erinnerungen und großen Gefühlen und Shane MacGowan, der mit seinem Gesang auf dem Oberdeck des Wahnsinns angeheuert hat, und von dort Gott und dessen Welt zu Partygästen macht. Und nur in dieser Mischung ist Folklore-Rock erträglich, ja, kann dieser süchtig machen.

Außerdem ist Shane MacGowan ein Dichter vom Format eines Robert Zimmermann oder Lenz und erzählt Dinge, für die seine Plattenfirma den prahlerischen „Explicit Lyrics“-Stempel auf das Cover druckt, dabei handelt es sich hier doch wirklich eindeutig um Kunst. In Opium-Euphorie, als Handtasche für Skinheads oder als der Mann, den der Rock'n'Roll gekreuzigt hat, Shane MacGowan ist immer für eine Verwandlung gut, wenn er die Tochter des Wirts ficken möchte. Und die Flöte spielt dazu.

Till Briegleb

4.12., Docks, 21 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen