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Von der Justiz lernen heißt siegen

■ Anti-Bundeswehrplakat: Patmos-Gemeinde gewinnt gegen BVG-Werbefirma

Das lernt man bei der Justiz: Daß es mitunter der gegnerischen Partei mehr nützt als schadet, wenn man einen gerichtlichen Streit entfacht. Diese Lehre müssen nunmehr zähneknirschend die BVG und auch die CDU und die Bundeswehr ziehen, die durch ihre Intervention ein kleines Friedensplakat der evangelischen Patmos- Gemeinde Steglitz bundesweit bekannt gemacht haben. Die BVG- Reklamegesellschaft VVR-Berek wurde gestern in zweiter Instanz gerichtlich verdonnert, das Plakat in den U-Bahnzügen auszuhängen. Sein Text: „Das lernt mann bei der Bundeswehr – drohen, töten, vernichten. Mann lernt nicht, Konflikte rechtzeitig zu erkennen, zu vermitteln, zu lösen. Deshalb kann die Bundeswehr keinen Frieden erhalten oder herstellen – auch nicht im Namen der UN.“

Der Friedensarbeitskreis der Patmos-Gemeinde unter Pfarrer Harry Perkiewicz stellt seit mittlerweile 14 Jahren immer wieder die Frage nach dem Sinn von Rüstung und Militär.

Die Quintessenz einer halbjährigen Auseinandersetzung mit der Bundeswehr faßte er in eben jenem Plakat zusammen. Sieben Monate lang sollte es in 110 Exemplaren in den U-Bahnen aushängen, so sah es der Vertrag vor, den die Patmos-Gemeinde mit der BVG-Firma im Juli 1993 abschloß.

Doch aus den sieben Monaten wurden drei Wochen, dann kündigte die Werbefirma plötzlich den Vertrag. Die Bundeswehr und ein CDU-Staatssekretär hätten Druck auf die BVG ausgeübt, so war zu hören, aber öffentlich mochten die Herren dazu nichts sagen. Offizielle Begründung der BVG: Die Plakate seien eine „Betriebsgefährdung“, sie seien von U-Bahn- Fahrgästen als Provokation empfunden und häufig abgerissen worden.

Doch das von der Gemeinde angerufene Amtsgericht Schöneberg vermochte dieser Argumentation nicht zu folgen. Die BVG müsse den Vertrag einhalten, entschied es im April diesen Jahres, den Plakattext habe sie schließlich schon bei Vertragsabschluß gekannt. Dieser Text sei „beleidigend“, „skandalös“ und „strafbar“, begann aber nun die CDU in Gestalt ihres Fraktionschefs Klaus Landowsky zu schäumen. Er klagte den „Mißbrauch von Kirchengeldern“ ein – in Wahrheit wurden die Plakate allein über Spenden finanziert –, forderte die Kirchenleitung auf, sich zu distanzieren – was diese auch brav tat – und kündigte strafrechtliche Schritte gegen die Plakatmacher an. Diese allerdings sind bis heute ausgeblieben – wohl mangels Erfolgsaussicht.

Dafür aber ging die BVG-Firma in Berufung, die nun gestern von einer Zivilkammer des Landgerichts zurückgewiesen wurde. Erstens, so die Vorsitzende Richterin, habe die BVG bis heute nicht darlegen können, welche Beschädigungen es konkret gegeben habe. Und zweitens habe das Bundesverfassungsgericht vor kurzem entschieden, daß auch das noch provokantere Tucholsky-Zitat „Alle Soldaten sind potentielle Mörder“ unter die Meinungsfreiheit falle.

Ute Scheub

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