Begehrliche Blicke zum Schacht Konrad

Energieversorger wollen angeblich Gorleben als Atomendlager abschreiben und hochradioaktiven Müll in der Eisenerzgrube in Salzgitter lagern / Vorbereitung auf Energiekonsensgespräche  ■ Von Jürgen Voges

Hannover (taz) – In den neuen Energiekonsensgesprächen, auf die sich Stromerzeuger, Parteien und Verbände vorbereiten, setzt die Energiewirtschaft offenbar auf eine Billig-Entsorgung des Atommülls. Der Spiegel zitiert aus einem Strategiepapier der Energieversorgungsunternehmen (EVU), in dem sie nur noch von einem Endlager für alle Arten von Atommüll ausgehen. „Bei einem begrenzten Kernenergieprogramm wäre ein einziges Endlager für alle Arten von radioaktiven Abfällen die optimale Lösung“, heißt es laut Spiegel in einem jüngeren der vielen Manuskripte, die die Konsenssuche bereits hervorgebracht hat. Als Allround-Endlager schwebt den Energieversorgern dabei die ausgediente Eisenerzgrube Konrad in Salzgitter vor, die zunächst nur schwachaktiven Müll aufnehmen sollte und heute auch für mittelaktiven Müll vorgesehen ist. Auf das Endlager Gorleben könne man verzichten, wenn Konrad „sich bei geringen Kosten als geeignet für hochaktiven Abfall“ erweise, so sinnieren die EVU-Strategen.

Die Kostendämpfungswünsche der EVU, die hinter dem Verzicht auf ein zweites Endlager stehen, dürften allerdings mit der Geologie rund um Salzgitter nur schwer in Einklang zu bringen sein. Im laufenden Planfeststellungsverfahren für Konrad ist die Langzeitsicherheit selbst bei Einlagerung von mittelaktivem Müll strittig. Der Sicherheitsnachweis beruht bei der Eisenerzgrube auf äußerst angreifbaren Computersimulationen.

Schon in der ersten Runde der Enegiekonsensgespräche, die letztlich am Einspruch der SPD gegen die Entwicklung eines neuen Reaktortyps scheiterten, hatten sich die Energieversorger erhebliche Kosteneinsparungsmöglichkeiten versprochen – damals vom endgültigen Verzicht auf die Wiederaufarbeitung. Diese Einsparungen beziffert das zitierte Strategiepapier jetzt erneut auf 3,3 Milliarden Mark.

Mit dem Stichwort vom nur noch „begrenzten Kernenergieprogramm“ nehmen die EVU ebenfalls Überlegungen der im Herbst 1993 gescheiterten ersten Konsensrunde auf. Darin hatten sich Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder(SPD), der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und die EVU darauf geeinigt, für die bestehenden AKWs Restlaufzeiten festzulegen und einige ältere Reaktoren umgehend abzuschalten. Im Gegenzug wollte die Energiewirtschaft die Entwicklung eines neuen Reaktortyps garantiert sehen. Gerhard Schröder gab kürzlich in einem Gespräch mit der taz der Hoffnung Ausdruck, daß sich die EVU bei diesem „Fadenrißvermeidungsreaktor“ in Richtung Verzicht bewegen könnten.