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Israelischer Rabbiner in der Westbank erschossen

■ Militärischer Flügel von Hamas habe sich zu der Tat bekannt / Hundertstes israelisches Opfer seit Osloer Abkommen / Hamas-Demonstration im Gaza-Streifen

Tel Aviv (taz) – Ein israelischer Siedler ist gestern im besetzten Westjordanland aus einem fahrenden Wagen heraus von unbekannten Tätern erschossen worden. Das Opfer, der 35jährige Rabbiner Ami Olami, saß selbst am Steuer eines Autos, das sich überschlug, nachdem er getroffen worden war und die Kontrolle über das Fahrzeug verlor. Nach Angabe der Siedler ist Ami Olami das hundertste jüdische Opfer seit der Unterzeichnung des Osloer Grundsatzabkommens mit der Palästinenserorganisation PLO. Er lebte in der Siedlung Otniel in der Westbank und war mit einem Polizisten aus Kirjat Arba, einem Siedler-Vorort von Hebron, unterwegs. Der Mitfahrer wurde ebenfalls verletzt, konnte sich aber in die benachbarte Siedlung Bet Hagai schleppen, um dort Hilfe zu suchen.

Der israelische Rundfunk wurde durch einen anonymen Anruf davon verständigt, daß die militärische Formation der Hamas Bewegung „Izz ad-Din al-Kassam“ sich der Tat bezichtigt habe – und sie angeblich mit Rache für den Mord an einem ihrer Kameraden in dieser Gegend vor einem Jahr begründete.

Bei der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem hat der israelische Stabschef General Ehud Barak gestern vor einer bevorstehenden Welle palästinensischen Terrors gewarnt. Der Stabschef soll in diesem Zusammenhang auch das „Gerede von Ministern“ über die Möglichkeit von Umsiedlung von Kolonisten im oder aus dem Gaza-Streifen gerügt haben: derlei Bemerkungen würden dazu beitragen, Terroristen zu weiteren Anschlägen anzuspornen. Nach der Sitzung wiesen einige Minister diese Argumente zurück. Für den Terror gäbe es eine große Anzahl anderer Gründe.

Die Führung der Siedler am Westufer reagierte auf den Anschlag mit einer Verurteilung der „katastrophalen Politik der Regierung Rabins“, die als Folge des Osloer Abkommens mit der PLO dazu geführt habe, daß die blutigen Terroranschläge zugenommen hätten. Verschiedene rechte Oppositionsparteien nahmen den Anschlag in den Hebroner Bergen zum Anlaß für ihre Forderung, das Osloer Abkommen jetzt nicht weiter umzusetzen. Am Dienstag sollen in Brüssel Verhandlungen über die zweite Phase des Osloer Abkommens eröffnet werden.

Im teilautonomen Gaza-Streifen haben am Samstag etwa 30.000 Menschen an einer Kundgebung teilgenommen, zu der die islamistische Palästinenserorganisation Hamas aufgerufen hatte. Die Demonstration verlief weitgehend friedlich. Die Redner kritisierten Israel und die von Jassir Arafat geleitete Selbstverwaltung. Amos Wollin

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