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Wo der Schmerz beginnt

■ Días del Cine Chileno: Das 3001-Kino veranstaltet chilenische Filmtage

„Dieses sind die rituellen Worte, sagen die Weisen Frauen.“ So beginnt der Film Mulumapu – feuchte Erde, der von dem Kampf der Mapuche-Indianer für verbesserte Lebensbedingungen erzählt. Mapuche heißt wörtlich übersetzt: „die Menschen des Landes“, doch wurde dem südchilenischen Volk das Land größtenteils von den europäischen Einwanderern genommen. Als Irene Schuster und José Vergara den Film drehten, regiert der Demokrat Aylwin schon seit fünf Jahren. Trotzdem geht die Polizei immer noch rigoros mit Wasserwerfern und Knüppeln gegen friedlich demonstrierende Mapuche vor. Auch die Schuluniformen und das an eine Militärkapelle erinnernde Schulorchester deuten auf die politische Vergangenheit Chiles hin. Aber der Film zeigt auch andere Seiten: Wie ein roter Faden ziehen sich Gedichte und Lieder der Mapuche durch die Bilder. Szenen wie die der Sportveranstaltung mit dem traditionellen Hockey, Tauziehen und Ferkelfangen geben Einblick in das Leben der Indianer. Und der typisch chilenische Tanz Cueca, bei dem das tanzende Paar sich umwirbt wie ein Hahn und eine Henne, sorgt für die richtige Huaso-Atmosphäre chilenischer Cowboys.

Gezeigt wird der Film (OmU) im Rahmen der Chilenischen Filmtage im 3001-Kino. Vom 1. bis zum 14. Dezember sind dort Spiel- und Dokumentarfilme zu sehen, die zum Teil illegal und unter schwierigen Bedingungen in Chile gedreht wurden. So auch Chile – donde empieza el dolor von Orlando Lübbert. Seit dem 11. September 1973, als Pinochet den demokratisch gewählten Präsidenten Allende stürzte und eine Militärdiktatur errichtete, ist Chile für viele das Land, wo der Schmerz beginnt. Doch für Exilchilenen hört der seelische Schmerz lange noch nicht hinter den Landesgrenzen auf. Den Film stellte Lübbert aus Filmmaterial, das aus Chile geschickt wurde, und eigenen Hamburger Aufnahmen aus den Jahren 1981 bis 1987 zusammen. Er dokumentiert das Leben im Exil und den Kampf gegen das Regime, der von dort aus geführt wird, aber auch die Widerstandsbewegung in Chile selber. Die Filmemacher nahmen an Kundgebungen und Demonstrationen teil, wurden Zeugen von Verhaftungen und gewalttätigen Polizeieinsätzen.

Mathias Fahrig und Lars Stubbe stellten das Programm der Filmtage zusammen, dessen Auftakt heute Abend La Frontera (Die Grenze) bildet. 1990 drehte Ricardo Larraín diesen Film, der in den letzten Jahren der Diktatur spielt. Da der Mathematiklehrer Ramiro Orellana gegen die Entlassung eines Kollegen protestiert, wird er in ein gottverlassenes südchilenisches Provinznest verbannt und muß sich dort mit den Dorfsheriffs herumplagen. Mit Witz und Charme karikiert Larraín Absurditäten der diktatorischen Bürokratie und gibt gleichzeitig Einblick in das skurril erscheinende Alltagsleben am Südende der Welt. Martje Schulz

Infos: 3001, Schanzenstr. 75, Tel: 43 76 79

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