: Gysis Fasten rührt das Finanzamt nicht
■ PDS droht Teilvollstreckung der Steuerschuld
Berlin (Reuter/taz) – Alles Hungern scheint nichts zu nützen. Während Gruppenchef Gregor Gysi, Parteichef Lothar Bisky und einige Genossen der PDS im Preußischen Landtag die Nahrung verweigerten, um gegen einen Steuerbescheid über 67 Millionen Mark zu protestieren, pfändete gestern die Berliner Finanzverwaltung 3,2 Millionen Mark der Wahlkampfkostenerstattung. Der Pfändungsbeschluß wurde an den Bundestag übermittelt. Die Behörde erklärte, mit dieser Teilvollstreckung komme das Finanzamt nur seiner Pflicht nach, weil die PDS die vom Gericht verhängte Sicherheit nicht leisten wolle. Das Finanzgericht hatte die Vollstreckung des Bescheides über 67,4 Millionen Mark Körperschaftssteuer für das erste Halbjahr 1990 gegen Hinterlegung der Wahlkampfkostenerstattung von etwa sechs Millionen Mark ausgesetzt. Das lehnte die PDS ab. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist durch das Eintreiben der Teilschuld die von der PDS befürchtete Konkursgefahr nicht gegeben. Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth will in den nächsten Tagen die Erstattungsbescheide unterschreiben.
Bundesinnenminister Manfred Kanther hat gestern gegen Mitglieder des PDS-Präsidiums Strafanzeige erstattet. Er wirft unter anderen Gysi und Bisky Hausfriedensbruch vor. Sie waren am Mittwoch in ein Treuhandgebäude und den Sitz der Unabhängigen Kommission eingedrungen. Am Abend wurden sie von der Polizei geräumt. PDS-Sprecher Hanno Harnisch empfahl Kanther daraufhin, sich mit der unter seiner Dienstaufsicht stehenden Unabhängigen Kommission in Verbindung zu setzen. Denn immerhin halte auch die Treuhandanstalt den ergangenen Steuerbescheid für unkorrekt, überzogen und falsch adressiert. Die PDS ist der Auffassung, daß die Steuerschuld, da sie sich auf das Altvermögen bezieht, welches von der Treuhand verwaltet wird, auch aus diesem beglichen werden müsse. Demgegenüber besteht die Unabhängige Kommission darauf, das dies nicht der gesetzlich festgeschriebene Verwendungszweck des Vermögens der ehemaligen DDR-Parteien sei. Der CDU-Generalsekretär Peter Hintze, der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse und die Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer sind sich einig, daß der PDS-Protest eine „geschmacklose Gaukelei“, „unseriös“ und „lachhaft und unangemessen“ sei.
Dieter Rulff Seiten 3 und 10
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