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Kaiserwalzer von Arnold Schönberg

■ Das erste Konzert der Europaen Chamber Music Association im Rathaus

Johann Strauß und Arnold Schönberg: Das paßt wie Marzipankartoffeln und Rollmops auf einem Teller, oder?

Und doch: Schönberg liebte das Wienerische und den Walzerkomponisten, er hat nach der Phase der Atonalität und der „Etablierung“ des Zwölftonsystems, mit dem der Komponist die Vorherrschaft der deutschen Musik für die nächsten hundert Jahre zu sichern gedachte, 1925 den Kaiserwalzer von Johann Strauß instrumentiert. Jetzt war dieses kostbare, unbekannte Werk in einem ersten Konzert der Europaen Chamber Music Association e.V. in der gut besuchten Oberen Rathaushalle zu hören.

Der 1992 gegründete Verein, der nun seinen Sitz nach Bremen verlegt hat, unterstützt nach dem Modell des berühmten Marlboro-Festivals und einer Idee des Cellisten Boris Pergamenschikow junge MusikerInnen: weltberühmte, erfahrene SolistInnen erarbeiten in einer mehrtägigen Arbeitsphase mit jungen MusikerInnen bestimmte Programme und gehen dann damit auf Tourneen. Dies ist in der Tat eine echte Alternative zu dem fragwürdigen Wettbewerbswesen, das oft für junge MusikerInnen zunächst einmal die einzige Möglichkeit ist, in sehr großem Rahmen aufzutreten. Der Blick auf die Planungen der nächsten Jahre nennt illlustre Namen: u.a.Bruno Canino, Jaap ter Linden, Kim Kashkashian und Mitsuko Shirai.

Das Freiburger Artemis-Quartett – Jessica Hartlieb, Michael Dinnebier, Susanne Lerche und Alexander Scheirle – spielen seit 1988 zusammen. Mit der jungen Flötistin Tatjana Ruhland und der Pianistin Silke Avenhus, Klavier boten die vier eine betont pfiffige Interpretation des Kaiserwalzers, voller kluger Distanz und Ironie: Schönberg hat zwar die kompositorische Struktur unangetastet gelassen, aber trotzdem über die Instrumentierung einige kritische Haken eingebaut. Diese kluge, ungemein inspirierte Wiedergabe war sicher auch dem Klarinettisten Eduard Brunner zu verdanken, dem betreuenden „Senior“dieser ersten bremischen Produktion.

Eine zufriedenstellende Interpretation, eine allerdings, die besondere Akzente nicht setzen konnte oder wollte, war die des Klaviertrios B-Dur, op. 11 von Ludwig van Beethoven. Viel Mühe investierten Tatjana Ruhland und Eduard Brunner in eine Sonatina von André Jolivet, ein quirliges Werkchen neoklassizistischer Herkunft, das in seinen wenigen besten Momenten archaische Dimensionen hat.

Am Ende Johannes Brahms Klarinettenquintett in b-Moll, op. 115: es stellt allerhöchste Ansprüche an SpielerInnen und Publikum. Die Kenntnis des Instrumentes, die Brahms durch den jungen Klarinettisten der Meininger Hofkapelle Richard Mühlfeld erhalten hatte, inspirierte ihn nach einer depressiven Phase, in der er das Komponieren schon aufgeben wollte, zu einer farbigen und komplexen Partitur, in deren variativem Prinzip die Anfänge der Moderne liegen: „Brahms, the Progressive“ schrieb Arnold Schönberg 1933 in seinem berühmten Aufsatz. Nicht Diskurs und Kontrast, sondern „Verhaltenheit, die zugleich Tiefe ist“ (Ernst Bloch): Eduard Brunner und das Quartett erfüllten höchste Ansprüche. Vielleicht war einiges noch zu gradlinig, zu zaghaft gespielt, aber insgesamt vermittelte sich das schwierige Werk durchaus als „letzte Musik“, die auf jedes vordergründige Auftrumpfen verzichtet.

Ute Schalz-Laurenze

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