: Hunger des Finanzamts zu groß
■ PDS-Steuerbescheid: Kritik aus der Finanzbehörde
Berlin (AP) – Mit einer Demo von Tausenden von Anhängern vor dem Berliner Rathaus hat die PDS am Wochenende ihren Protest gegen den Steuerbescheid über 67 Millionen Mark verstärkt. Kritik kam auch von der unabhängigen Kommission zur Überprüfung der DDR-Parteivermögen, die der Finanzverwaltung „Voreiligkeit“ vorwarf. Aus dem Berliner Senat gab es widersprüchliche Aussagen über eine mögliche Reduzierung der Steuerschuld. Während Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) erklärte, der Vollstreckungsanspruch habe Bestand, sagte sein Staatssekretär Peter Kurth, die geforderte Summe sei „zu hoch“.
Pieroth sagte, wenn sich die SED aufgelöst und als PDS neu gegründet hätte, dann „hätte sie heute keine Probleme mit den Finanzämtern. Aber sie wollte zusammengeraffte SED-Vermögen in die neue Zeit hinüberretten“. Die Steuerforderung sei korrekt ermittelt worden, rechtens und basiere auf gesetzlichen Grundlagen. Dagegen sagte Kurth dem Spiegel, die Forderung auf Nachzahlung von 67 Millionen Mark Körperschaftssteuer sei zu hoch. Gleichwohl bewege sich eine „realistische Forderung“ im zweistelligen Millionenbereich.
Der Vorsitzende der unabhängigen Kommission, Hans-Jürgen Papier, äußerte sein Bedauern darüber, daß die Finanzverwaltung den Steuerbescheid trotz eindringlicher Bitten nicht bis zur Klärung der Rechtsfragen ausgesetzt habe. Eine Abstimmung mit der Kommission oder der Treuhandanstalt sei nicht erfolgt. Es bestehe die Gefahr, daß die im Einigungsvertrag festgelegte Verwendung des DDR-Parteienvermögens zu gemeinnützigen Zwecken durch die Praxis der Steuerbehörden nun weitgehend hinfällig werde. Die Reaktion der PDS sei allerdings völlig unangemessen und nicht geeignet, die entstandenen Probleme zu lösen.
Die Hungerstreikenden in der Berliner Volksbühne, unter ihnen Parteichef Lothar Bisky und Fraktionschef Gregor Gysi, kündigten die Fortsetzung der Protestaktion an. Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) äußerte sich unterdessen solidarisch und kritisierte das massive Vorgehen der Finanzbehörden gegen die PDS. Er fühle sich an ein „Kesseltreiben“ erinnert.
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